Basketball

Basketball-WM: Im deutschen Team ist gegenseitiger Respekt die Grundlage

Der frühere Alba-Spieler Niels Giffey spricht über den Schlüssel zur Homogenität in der deutschen Nationalmannschaft.

Gegen Finnland gab es für den früheren Alba-Spieler Niels Giffey (r.) mehr Einsatzzeit bei der Basketball-Weltmeisterschaft.
Gegen Finnland gab es für den früheren Alba-Spieler Niels Giffey (r.) mehr Einsatzzeit bei der Basketball-Weltmeisterschaft.Camera4+/imago

Selbst beim abendlichen Treffen mit den Fans waren die Rollen der deutschen Basketballer klar verteilt. Das Gros der gut gelaunten Mannschaft setzte sich fein säuberlich aufgereiht an kleine Tische, kaum, dass es den Hotelsaal an der Promenade von Okinawa betreten hatte. Dennis Schröder und Johannes Voigtmann hingegen mussten zumindest für ein paar Minuten stehen. Es galt eine kurze Rede zu halten, eine Aufgabe für den Kapitän und seinen Stellvertreter, versteht sich.

Am Freitag trifft Deutschland auf Georgien

In den vergangenen Tagen ist die deutsche Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft in Japan abends stets entweder mit Spielen oder Trainieren beschäftigt gewesen, am Mittwoch hingegen hatte sie frei. Nach drei Siegen aus drei Vorrundenspielen ist sie erst am Freitag wieder gefordert – im ersten von zwei Zwischenrundenspielen gegen Georgien. Bis dahin gilt für die deutsche Mannschaft: neue Kräfte sammeln und den aktuell von guter Stimmung geprägten Flow beibehalten.

Egal ob nach dem Auftaktsieg gegen Japan, dem zweiten Spiel gegen Australien oder dem Erfolg gegen Finnland am Dienstag, die deutsche Mannschaft strahlt in Okinawa dieser Tage eine unübersehbare Spielfreude aus. Wobei es eigentlich mehr als das ist. Bereits vor dem Turnierstart hatte der Berliner Moritz Wagner gesagt: „Was dieses Team auszeichnet, ist, dass wir eine sehr enge Gruppe sind. Wir hängen gerne miteinander ab.“ Sei es bei Medienterminen im Hotel, rund um die Spiele in Okinawa oder auch am Mittwoch beim Treffen mit den rund 30 nach Japan mitgereisten Fans – es ist spürbar, dass die deutsche Auswahl eben nicht nur gerne miteinander auf dem Parkett steht, sondern sich auch abseits davon gut versteht.

Es ist ein Eindruck, den auch Niels Giffey bestätigt. Der langjährige Alba-Akteur spielt im Nationalteam mit gleich vier ehemaligen Berliner und zwei aktuellen Münchner Teamkollegen zusammen. „Wir kennen uns einfach sehr lange“, sagt Giffey auf die Gründe für die gute Stimmung im deutschen Lager angesprochen, ehe er ergänzt: „Wir wissen auch, was jeder hier opfert, und wir respektieren uns.“ Es sind unterschiedliche Aspekte, die einander bedingen, wenngleich letzterer laut Giffey Grundvoraussetzung für die Homogenität im deutschen Team sei: „Du akzeptierst deine Rolle, wenn du deine Mitspieler und deren Rollen respektierst.“

Was banal klingt, ist so selbstverständlich nicht. Die Beispiele, in denen Basketballer mit ihren Spielanteilen, der Größe ihrer Verantwortung oder auch der Anzahl an Würfen, die sie bekommen, nicht zufrieden sind, sind zahlreich. Im deutschen Team, so wirkt es und so wird es einem stets bestätigt, gibt es sie nicht. Schließlich wisse man um die Qualitäten seiner Mitspieler und deren Wert für das Spiel der Mannschaft, sagt Niels Giffey. Ein mittlerweile gestandener NBA-Profi wie Moritz Wagner akzeptiert so, dass er Spiel für Spiel „nur“ von der Bank kommt, die kaum eingesetzten David Krämer und Justus Hollatz feuern fast dauerhaft lautstark von ebendieser an und selbst ein erfahrener und mit Titeln geschmückter Veteran wie Niels Giffey meckert nicht, wenn er – wie beim Auftakt gegen Japan – nur 1:46 Minuten spielt. „Ich mag das Team und ich mag es, dabei zu sein. Deswegen werde ich alles mitnehmen, egal in welcher Rolle“, sagt er.

Hinzu kommt, dass der Wert eines Sportlers für seine Mannschaft sich nicht auf das beschränkt, was er auf dem Parkett für diese leistet. Es ist ein Fakt, dessen sich auch Bundestrainer Gordon Herbert selbstverständlich bewusst ist, und den er auch seinen Spielern gegenüber betont. Im Vorfeld der WM führte der Kanadier mit jedem seiner Schützlinge Einzelgespräche, legte ihnen sehr genau dar, was er sich sportlich, aber auch abseits von Offensive und Defensive von ihnen erwartet. „Er hat die Rollen so definiert, dass sie sehr greifbar sind – sowohl für jeden Einzelnen, aber auch für alle anderen“, sagt Niels Giffey.

Deutsche Nationalspieler schätzen und respektieren sich als Menschen

Und trotzdem bleibt es dabei: Selbst gut definierte Rollen müssen von Spielern erst einmal geschätzt und eben respektiert werden. Dass die deutschen Akteure sich darüber hinaus auch noch als Menschen schätzen und respektieren, bringt dabei noch einen anderen Vorteil mit sich: die Fähigkeit, sportliche Kritik anzunehmen, ohne sie persönlich zu nehmen. Im Auftaktspiel gegen Japan beispielsweise diskutierten Dennis Schröder, Maodo Lo und Johannes Thiemann während einer Auszeit hörbar emotional und energisch miteinander – nur, um einander im weiteren Spielverlauf ebenso energisch für gelungene Aktionen abzufeiern. „Wir reden über Familie“, spricht Niels Giffey das Credo an, das seine Mannschaft als Schlachtruf in jeder Auszeit und jedem Huddle formuliert, „und ein Teil von Familie ist, Dinge klar anzusprechen, wenn das nötig ist.“

Auch in der nun anstehenden Zwischenrunde wird es in den Spielen gegen die aus Gruppe F qualifizierten Georgier und Slowenen genau solche Situationen geben. Situationen, in denen der deutschen Mannschaft zugutekommen wird, dass sie eben nicht nur eine Mannschaft, sondern eine Einheit ist. So dürfte sich auch Niels Giffey zwar freuen, wenn er – wie zuletzt gegen Australien und Finnland – deutlich mehr als 1:46 Minuten spielt. Zur Grundvoraussetzung für seine Zufriedenheit in der Mannschaft von Bundestrainer Gordon Herbert wird er dies allerdings nicht machen.