Basketball-Weltmeisterschaft

Deutschlands Basketballer starten mit einem Biest und zwei Siegen in die WM

Die Erfolge des DBB-Teams gegen WM-Gastgeber Japan und Australien werden von Franz Wagners Verletzung getrübt. Was der Berliner hat? Bleibt noch offen.

Der Berliner Moritz Wagner (Mitte) wird im WM-Vorrundenspiel von Australiens Basketballern unter Druck gesetzt.
Der Berliner Moritz Wagner (Mitte) wird im WM-Vorrundenspiel von Australiens Basketballern unter Druck gesetzt.Yuichi Yamazaki/AFP

Am Ende hielt es auch Franz Wagner nicht mehr auf seinem Stuhl. Als die deutschen Basketballer sich auf dem Parkett der Okinawa Arena umarmten, untereinander High Fives verteilten und ein Huddle bildeten, war der Berliner an seinem 22. Geburtstag mittendrin – zwar angesichts des klobigen Plastikschuhs an seinem Fuß physisch etwas gehemmt, aber mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Der Anlass zur keinesfalls übertriebenen Freude bei Wagner und seinen Teamkollegen: ein 85:82-Sieg im zweiten WM-Spiel gegen Medaillenkandidaten Australien. Ein Sieg, der alles andere als selbstverständlich war. Ein Sieg, dank dessen die deutsche Nationalmannschaft als Gruppenerster in der Zwischenrunde der WM steht - da Finnland am Sonntag Japan unterlag.

Besonders der in Hartplastik verpackte linke Fuß von Wagner hatte der deutschen Auswahl vor dem Spiel gegen die Australier Sorgen bereitet und Fragen zu ihren Erfolgsaussichten aufgeworfen. Am Freitagabend hatte sie zum Auftakt Japan zwar am Ende nicht mehr dominiert, aber doch klar im Griff, als der 81:63-Auftaktsieg gegen den Co-Gastgeber den großen Dämpfer erhielt: Bei einer unglücklichen Landung war Wagner rund fünf Minuten vor dem Ende umgeknickt, hatte sich sofort an den linken Knöchel gegriffen, ehe er fluchend zur Bank gehumpelt war.

Eine Diagnose zur Verletzung von Franz Wagner gab der DBB nicht

Während seine Mitspieler nach Spielende von einem gelungenen Auftakt sprachen, habe bei Wagner erst einmal großer Frust die Oberhand gehabt, berichtete Mannschaftsarzt Doktor Oliver Pütz am Samstagmittag. Ein Frust, der sich allerdings zwischen den intensiven Behandlungen bis vier Uhr morgens und dem MRT im Krankenhaus von Okinawa gelegt habe.

Die MRT-Bilder zeigten: keine strukturelle Verletzung, kein WM-Aus, aber eben ein Fragezeichen hinter dem Einsatz gegen Medaillenkandidat Australien. So hatte auch Bundestrainer Gordon Herbert von „zwei Plänen“ gesprochen, die er für die Partie am Sonntag schmieden musste. Der jüngere Wagner-Bruder fehlte schließlich. Kurz darauf verkündete der Deutsche Basketball Bund: „Franz Wagner setzt heute aus.“ Eine Diagnose oder Prognose gab es nicht.

Von seinem Stuhl am hinteren Ende der Bank aus konnte sich Franz Wagner über einen guten Start seiner Mannschaft freuen. Dennis Schröder und Daniel Theis erzielten einfache Punkte in der Zone, der an Wagners Stelle startende Isaac Bonga legte mehrfach nach. Beim Stand von 8:0 nahm Australiens Trainer Brian Goorjian nach zweieinhalb Minuten seine erste Auszeit – grimmig guckend.

Es war ein Weckruf für die Australier, bei denen NBA-Akteur Patty Mills als Erster und beeindruckend schnell aufwachte. Zwei Dreier, ein Zweier im Zurückfallen, noch ein Dreier aus dem Dribbling. Der flinke Mills – ein Spieler, der im Nationaltrikot regelmäßig über sich hinauswächst, erzielte Australiens erste 13 Punkte und machte aus dem zu Beginn einseitigen Spiel ein enges. Das Publikum in der Okinawa Arena honorierte es mit Ohs und Ahs, sein deutscher Gegenspieler Maodo Lo zuckte mit den Schultern. „Der Typ ist krass, Mann, ein unglaublich guter Spieler, unglaublich guter Wurf, unglaublich aggressiv, nur am Rumrennen“, sagte Lo nach Spielende.

Moritz Wagner nennt Dennis Schröder „ein absolutes Biest“

Insgesamt aber ging Gordon Herberts Wagner-loser Plan B auf. Auch weil diejenigen in die Bresche sprangen, die in die Bresche springen mussten. Bonga investierte auch defensiv viel, Daniel Theis blockte gleich mehrere Würfe, der gegen Japan ans hintere Ende der Bank verbannte Niels Giffey spielte solide, und der wiedererstarkte Lo traf seine Dreier selbst nach seinem zuletzt wackeligen Step-Back.

Gemeinsam mit ihm übernahm fast selbstverständlich auch Dennis Schröder den größten Teil der Offensivlast, die Franz Wagner üblicherweise schultert. Kraftraubende 35 Minuten spielte er am Sonntag. Mal per Dreier, mal aus dem Pick and Roll, mal nach schnellem Antritt und Handwechsel erzielte er insgesamt 30 Punkte. „Der Typ wird jedes Jahr besser, ist ein absolutes Biest, spielt das ganze Spiel, wird dabei vom besten Verteidiger verteidigt, gedoppelt und getrippelt“, sagte Moritz Wagner später zu Schröders Leistung. Doch nicht nur dank Schröder lieferte die deutsche Mannschaft eine Erkenntnis: Auch ohne ihren zweitwichtigsten Spieler ist sie selbst gegen einen Medaillenkandidaten wie Australien konkurrenzfähig.

Das Ergebnis war ein offener Schlagabtausch in den Schlussminuten mit klarem Muster: Deutschland legte mit Dennis Schröder vor, Australien zog nach, verpasste dies aber im entscheidenden Moment. Keine 30 Sekunden vor dem Ende verteidigte das deutsche Team mit einem Punkt Vorsprung ausgerechnet Patty Mills im Verbund so konsequent, so physisch, so clever, dass dieser auf dem Weg zum Korb den Ball verlor. Kurz darauf setzte Lo mit seinen Zählern 19 und 20 den Schlusspunkt hinter den Sieg seines Teams.

Die dritte Vorrundenpartie gegen Finnland am Dienstag wird auch deshalb wichtig, weil die Ergebnisse aus der Gruppenphase bei der WM mit in die Zwischenrunde genommen werden. „Finnland wird ein sehr starker Gegner mit Superstar Lauri Markannen“, warnte ein erschöpfter Dennis Schröder am Sonntag. Allerdings nicht ohne hinzuzufügen: „Aber wenn wir unser Spiel spielen, werden wir okay sein.“ Im Idealfall mit Franz Wagner in Basketballschuhen statt einem klobigen Plastiktreter.