Was ist zu tun, wenn die Situation für ein Team immer bedrohlicher wird? Zusammenstehen. Das taten die Spieler von Hertha BSC nach der 0:2(0:0)-Niederlage beim FC Bayern München. Sie bildeten einen Kreis, so als wollten sie den Abstieg umzingeln, das dunkle Etwas einkreisen. Sechs Punkte fehlen den Berlinern auf den Relegationsrang. Vier Spiele gibt die Saison noch her. Zwölf Punkte gibt es als Maximalausbeute noch zu holen. Was ist unmöglich? Was ist da noch möglich? Nun, die Vergangenheit lehrt: Bei Hertha kann alles passieren.
Wer hätte schon gedacht, dass Trainer Pal Dardai und sein Team 69 Minuten lang auf einen Punkt in der Münchner Arena spekulieren konnten, ehe Joshua Kimmich einen Ball direkt auf den Kopf von Serge Gnabry zirkelte, der zum 1:0 einköpfte? Zehn Minuten später vervollständigte Kingsley Coman mit seinem 2:0 den Bayern-Sieg, der die Münchner wieder zum Tabellenführer machte. Aber: Hertha BSC hatte sich dem Schicksal nicht ergeben. Die Spieler in Blau-Weiß legten 117 Kilometer zurück – mehr als in den sechs Partien zuvor.
„Am Sonntag“, sagte Maximilian Mittelstädt, „hat man gesehen, dass wir eine Mannschaft sind und das umgesetzt haben, was wir uns vorgenommen haben: eng zu stehen und eklig zu sein. Diese defensive Stabilität müssen wir mitnehmen und alles in diese letzten Partien reinhauen, in denen es mit den Fans im Rücken eben auch gegen direkte Konkurrenten geht! Die Chance ist noch da.“
Dardai, der zwar kein Zauberer ist, aber einer, der aus einem Team eine kampfstarke Einheit formen kann, lobte noch im Teamkreis auf dem Münchner Rasen, er habe am Sonntag eine tatsächliche Mannschaft gesehen. „Wir trainieren jetzt Offensive und schmeißen alles rein gegen Stuttgart. Zwei, drei Spieler haben gleich gesagt: Dann gewinnen wir. Dann kommt die Stimmung.“
So ähnlich formulierte es auch Hertha-Stürmer Florian Niederlechner, der in München von Beginn an spielte und mit frühem Attackieren mithalf, den FC Bayern weiter verzagt und uninspiriert wirken zu lassen. Torchancen blieben bei Hertha allerdings Mangelware. „Wir haben es defensiv 70 Minuten lang stark gemacht, wenig zugelassen und waren gut gegen den Ball. Genau so muss man im Abstiegskampf auftreten. Das sind die Basics und die müssen wir auf dem Platz zeigen. Wenn wir die nächste Woche gegen Stuttgart bei einem ganz wichtigen Spiel bringen und alles rausfeuern, dann bin ich zuversichtlich.“
Bei Hertha BSC hatten sie die Resultate der anderen schon gekannt, als in München angepfiffen wurde. Bochums 1:1 gegen Dortmund, Schalkes 2:1 gegen Bremen, Stuttgarts 2:1 gegen Mönchengladbach. Die Herausforderung, den Klassenerhalt noch zu schaffen, ist nicht kleiner geworden. Aber die Bereitschaft, sie anzunehmen, war bei Hertha BSC wieder erkennbar. Etwa an Torhüter Oliver Christensen, der auch die Sprache der Haare als Stilmittel nutzte. Raspelkurz hatte er sich frisieren lassen – als Rebellion gegen die eigene Unsicherheit, der vergangenen Partien. Dieses Mal rettete er für die Berliner zweimal kurz vor und auch nach der Pause: „Olli hat ein überragendes Spiel gemacht“, fand Niederlechner.


