Zwei der prägendsten Fußballerinnen aller Zeiten könnten sich tatsächlich bei der Frauen-WM 2023 in Australien und Neuseeland (20. Juli bis 20. August) noch einmal begegnen. Sollte Deutschland im Achtelfinale auf Brasilien treffen, würde die als Teampsychologin mitgereiste Rekordspielerin Birgit Prinz sicher ihrer ewigen Rivalin Marta die Hand reichen, die als lebende Legende mit 37 Jahren ihre sechste Endrunde spielt. Doch dem Turnier werden anderen Spielerinnen ihren Stempel aufdrücken. Fünf Kandidatinnen:
Megan Rapinoe (USA): Als Aktivistin und Antreiberin war die Fußballerin mit den rosafarbenen Haaren der Fixpunkt der WM 2019 – beste Spielerin und erfolgreichste Torschützin, Weltmeisterin und Weltfußballerin. Vom linken Flügel lenkte sie das Spiel auf dem Rasen, abseits des Platzes bezog sie Stellung zu allen gesellschaftspolitisch relevanten Themen. Kämpfte gegen jede Form der Diskriminierung. Legte sich mit dem US-Präsidenten Donald Trump an, dessen Einladung ins Weiße Haus sie spitz mit dem Verweis auf die Vielfalt in ihrem Team ablehnte. Der Konter saß. Noch immer hat die 38-Jährige große Strahlkraft, aber keinen Stammplatz mehr. Erst im Herbst 2022 kehrte sie ins Nationalteam zurück und wird nach der WM ihre internationale Karriere beenden. Trainer Vlatko Andonovski will „ihre Erfahrung, ihre Siegermentalität und ihr Wissen“ nicht missen. Schlauer Mann.
Sam Kerr (Australien): Sie ist der Superstar der „Matildas“. Die Kämpfernatur aus Perth an der Westküste wird auf dem fünften Kontinent bewundert, zumal die Torjägerin Teil einer bekannten Sportlerfamilie ist. Vater Roger und Bruder Daniel waren erfolgreich im Australian Football, wo auch Sam Kerr anfing. Als sie einmal mit aufgeplatzter Lippe heimkam, versuchte sie sich erst im Netzball, ehe sie mit zwölf Jahren mit Fußball anfing. Ihre universelle Ausbildung hat sie zu einer zweikampf- und kopfballstarken Mittelstürmerin gemacht, die sich seit ihrem Wechsel zum FC Chelsea auf höchstem Niveau behauptet. Die 29-Jährige muss nur aufpassen, dass sie von der Last der Erwartungen nicht erdrückt wird. Den Rummel braucht sie eigentlich nicht. Beim Auftaktspiels Australiens gegen Irland (Donnerstag, 12 Uhr MESZ, ARD) kommen viele der 83.500 Fans ihretwegen ins Australia-Stadion von Sydney.

Ada Hegerberg (Norwegen): Die Weltfußballerin von 2018 hat mit Olympique Lyon alle Titel gewonnen, aber im Nationalteam noch nichts. Dicht dran war sie im EM-Finale 2013 gegen Deutschland (0:1). Bald suchte sich die begnadete Angreiferin ihre Gegner im eigenen Verband. 2017 trat die meinungsstarke Stürmerin aus dem Nationalteam aufgrund mangelnder Wertschätzung und Bezahlung zurück. Die Suche nach Kompromissen vor der WM 2019 blieb erfolglos. Nach der Einigung vor der EM 2022 waren die Erwartungen riesig, doch die eigenwillige Torjägerin war Teil der internen Streitigkeiten, die zum blamablen Aus in der Vorrunde mit einem 0:8 gegen England und einem 0:1 gegen Österreich führten. Viel Zeit hat die vom FC Barcelona umworbene Modellathletin nicht mehr, um endlich ein großes Turnier zu prägen.

Alexia Putellas (Spanien): Bitterer hätte es nicht laufen können. Einen Tag vor Beginn der EM in England riss während des Trainings das Kreuzband im linken Knie der besten Spielerin. Die Fußball-Welt trauerte mit ihr, die mit dem FC Barcelona auf dem Zenit ihrer Schaffenskraft war. Ob die Spanierinnen sonst das Gruppenspiel gegen Deutschland und das Viertelfinale gegen England verloren hätten? Weil „La Reina“, die Königin, in der Reha nichts überstürzen sollte, kehrte die 29-Jährige erst spät auf den Platz zurück. Beim Champions-League-Sieg Anfang Juni gegen den VfL Wolfsburg (3:2) wurde die 2023 erneut zur Weltfußballerin gekürte Edeltechnikerin nur eingewechselt. Der späte WM-Beginn könnte ihr helfen, jetzt mehr Akzente zu setzen.

Lucy Bronze (England): Vor vier Jahren hatte sich Ralf Kellermann schnell festgelegt. Der Sportdirektor des VfL Wolfsburg war sich als Beobachter vor Ort sicher, dass England selbst im verlorenen Halbfinale gegen die USA auf Augenhöhe agierte, weil rechts hinten eine Dampfmacherin auf Weltklasseniveau agierte: Lucy Bronze prägt von ihrer Position an guten Tagen ein Spiel wie keine andere. Ihre Passsicherheit, ihr Behauptungswille und ihre Impulse sind herausragend. Doch ihr Niveau hat die Weltfußballerin 2020 beim FC Barcelona nicht immer halten können. Dennoch will sie mit den „Lionesses“ nach der EM jetzt auch die WM gewinnen. Mit ihr in Topform könnte es klappen. Die 31-Jährige sagt: „Jetzt, da wir endlich einen Titel gewonnen haben, ist der Druck nicht mehr so groß.“





