Hansi Flick war angefressen. Der Bundestrainer machte aus seinem Ärger keinen Hehl, schließlich musste die Wut irgendwo raus. Einfach nur in sich rein fressen, ist ja auf Dauer auch keine Lösung. Also polterte der 58-Jährige auf dem internationalen Trainerkongress am Montag in Bremen mächtig los.
„Ich finde, es ist eine große Dreistigkeit, zu behaupten, dass die Nationalelf die Spieler nicht nach dem Leistungsprinzip nominiert. Was haben wir davon, wenn Spieler spielen, die nicht die Leistung bringen können wie ein anderer?“, fragte Flick. Im ersten Moment lässt sich darauf tatsächlich schwer eine Antwort finden. Ja, was hätte der DFB eigentlich davon?
Oliver Ruhnert, Geschäftsführer Profifußball beim 1. FC Union Berlin, wurde von Flick bei dessen Wutausbruch namentlich nicht genannt. Man muss sich allerdings nicht tief mit der Materie auseinandergesetzt haben, um zu wissen, dass der Giftpfeil des Bundestrainers auch in Richtung Köpenick gerichtet war. „Das Trainerteam von Hansi Flick sagt, sie entscheiden leistungsabhängig – ich sage: machen sie nicht“, hatte Ruhnert vor zwei Wochen im Interview mit der Süddeutschen Zeitung gesagt und damit offenbar einen empfindlichen Nerv getroffen.
Rani Khedira oder Robin Knoche würde er beispielsweise gerne im Trikot der DFB-Elf sehen. Die hatten bei Union eine herausragende Saison gespielt. Im System von Trainer Urs Fischer sind sie im Zentrum vor der Abwehrkette (Khedira) oder als Defensiv-Organisator (Knoche) praktisch nicht wegzudenken. Ob sie diese Rolle zumindest ähnlich auch im Nationalteam spielen würden, lässt sich genauso wenig beantworten, wie die Frage, was der DFB davon hätte, wissentlich schwächere Spieler zu nominieren.
Die Kritik von Ruhnert kam derweil alles andere als überraschend. Wenige Wochen zuvor wurde er von der SportBild zitiert: „Ich habe für die Nicht-Nominierung unserer Spieler wenig Verständnis. Es scheint mir, dass Union keine Lobby beim DFB hat.“ Anfang des Jahres äußerte sich Ruhnert im Interview mit der Welt am Sonntag so: „Der DFB hat hinsichtlich der Ausbildung des Nachwuchses und der Trainer Prozesse in Gang gebracht, die sind mir ein Dorn im Auge. Sie sind aus meiner Sicht völlig verrückt und gehen in die falsche Richtung.“ Keine Frage, nicht nur Hansi Flick scheint angefressen zu sein.


