Bramberg am Wildkogel ist einer dieser Orte, die ähnlich beschaulich sind, wie sie klingen. Rund 4000 Menschen leben in der kleinen Gemeinde im Salzburger Land – umringt von hohen Bergen, hölzernen Chalets und viel frischer Luft. Was für die Einwohner Brambergs Alltag ist, dürfte für die Profis des 1. FC Union Berlin in den kommenden zehn Tagen zumindest eine kleine Entschädigung sein. Immerhin können sich die Köpenicker Fußballer über einen Blick ins bergige Grün freuen, wenn sie von Martin Krüger durchs Trainingslager gescheucht werden.
Bis Anfang August ist die Mannschaft des 1. FC Union Berlin zu Gast in Österreich. Während Cheftrainer Urs Fischer seine Schützlinge dort taktisch und technisch fordert, ist Martin Krüger für das Physische zuständig. Seit 2016 ist der 43-Jährige bei den Eisernen das, was sein gestählter Oberkörper vermuten lässt: Athletiktrainer. Mit detaillierten Trainingsplänen und intensiven Einheiten will und muss Krüger Unions Akteure bis zum Saisonstart in Form bringen. Nicht zuletzt, weil in der Champions League bald noch mehr Athletik gefordert ist als zuletzt in der Europa League.
Auch deshalb ist das sommerliche Programm, das Martin Krüger für Unions Spieler entworfen hat, genauestens strukturiert. Das galt für die fünf Wochen Sommerpause zwischen Saisonende und Trainingsstart und gilt nun auch für die Saisonvorbereitung. Der erste, bereits abgehakte Punkt auf dem sommerlichen Plan: einfach mal nichts tun. „Wir sagen den Jungs, dass sie zwei Wochen mal gar nichts machen und die Beine hochlegen sollen“, erklärt Krüger. Keine Läufe, kein Krafttraining, kein Fußball. Wenn überhaupt, „dann irgendwelche Sportarten ohne Laufbelastung“, sagt Unions Athletiktrainer. Allen voran die viel beanspruchten Gelenke sollen geschont werden.
Zumindest 14 Tage lang, bis zum Start der dritten Woche der Sommerpause. Da nämlich begannen auch diesen Sommer die besagten Trainingspläne der Union-Profis – Läufe und Krafttraining inklusive. „Die Pläne sind sehr detailliert auf jeden Einzelnen abgestimmt“, sagt Krüger. Einerseits zur zielgenauen Trainingssteuerung, andererseits, weil die Spieler sich klare Anweisungen wünschen. „Am Ende sind Fußballer manchmal auch normale Arbeitnehmer, die du an die Hand nehmen und denen du genaue Vorgaben machen musst“, sagt Krüger.
Während die Trainingsanweisungen genauso kleinteilig sind wie während der Saison, war die Kontrolle in den fünf Wochen Sommerpause weniger eng. Anders als während der Saison mussten Unions Profis ausnahmsweise nicht jeden Morgen per App angeben, wie ausgeruht und leistungsfähig sie sich fühlen. „Die Jungs sind ganz froh, wenn sie mal ein paar Wochen Ruhe von mir und der App haben“, sagt Krüger und ergänzt: „Muss ich wissen, wie es einem Spieler im Urlaub morgens geht? Wenn er abends vielleicht noch drei oder vier Rum-Cola getrunken hat?“ Ihm reiche die Gewissheit, dass die Spieler ihre Trainingspläne verfolgen, sagt Krüger.
Zumal spätestens mit dem Vorbereitungsstart sowieso auffällt, wenn dies nicht der Fall ist. Den Anfang machten diesen Sommer wie üblich die von der Bundesliga vorgeschriebenen Medizinchecks Anfang Juli, ehe weitere Leistungstests von Krüger folgten. Das Zwischenfazit des Athletiktrainers nach drei Wochen Training: „Die Werte, die wir bisher generiert haben, sind ordentlich. Die Jungs haben ihre Hausaufgaben gut gemacht.“ Ohnehin sei der absolute Großteil der Profis beim sommerlichen Training sehr gewissenhaft. Nur zwei Spieler seien in seinen sieben Jahren bei Union wirklich untrainiert aus dem Urlaub gekommen, sagt Krüger, „und damit ist nicht Max Kruse gemeint“.
Ein gewisser Leistungsverlust wird wiederum bei nahezu jedem Spieler nach fünf Wochen Sommerpause messbar. „Am ehesten geht die Ausdauer verloren“, erklärt Krüger und konkretisiert: „die spielspezifische Ausdauer“. Schnelle Antritte, langsames Traben, Zweikämpfe im Vollsprint –eine komplexe Belastung, die fußballtypisch ist, sich abseits des Fußballplatzes aber kaum simulieren lässt. Im Trainingslager wiederum kommen Unions Profis aktuell um die anstrengende Mischung nicht herum. So klingt es fast schon bedrohlich, wenn Martin Krüger von „sehr intensiven Wochen“ spricht, „die geprägt sind vom Training der Spielausdauer“.
Ein Faktor dürfte Unions Profis immerhin zusätzliche Motivation beim Ackern in Österreich bescheren: das Wissen, dass sich die harte Arbeit auszahlen wird. In der vergangenen Saison waren die Köpenicker nach dem 1. FC Köln die zweitlaufstärkste Mannschaft der Bundesliga. Dazu waren Unions Profis im Schnitt mit Abstand am wenigsten verletzt. Es ist eine Kombination, die es Urs Fischer erst möglich machte, sein physisch anspruchsvolles Defensivspiel mit schnellen Kontern zu paaren. In anderen Worten: eine Kombination, die den Grundstein für Unions Einzug in die Champions League legte.




