Es gibt zwei Wörter, mit denen man Urs Fischer, den Trainer des 1. FC Union Berlin, in diesen Tagen ganz schön ärgern kann. Das eine ist „Champions“, das andere ist „League“. Und in Kombination ist es für den Schweizer Fußballlehrer schon fast eine Qual, Antwort auf entsprechende Fragen zu geben. Doch mal ehrlich: Da muss der Schweizer durch, denn in Anbetracht der Tabelle der Fußball-Bundesliga bleibt einem als Sportberichterstatter, der sich mit dem Wohl und Wehe der Eisernen beschäftigt, doch gar nichts anderes übrig, als in der Schlussphase dieser Spielzeit auf die europäische Königsklasse zu sprechen und zu schreiben zu kommen.
So auch an diesem Sonntagabend, an dem der FCU einen großen Schritt Richtung – Vorsicht, Herr Fischer – Champions League gemacht hat. Nämlich mit einem 1:0-Erfolg bei Borussia Mönchengladbach, der zur Folge hat, dass die Eisernen nach 29 Spieltagen mit 55 Punkten weiterhin auf Platz drei liegen, während RB Leipzig (51 Punkte) durch das 0:1 in Leverkusen auf Platz fünf abgerutscht ist. Der SC Freiburg (4:0 gegen Schalke/53 Punkte) nimmt im Dreikampf um die Königklasse wiederum Rang vier ein.
In der Vorbereitung auf die Auseinandersetzung mit der Fohlen-Elf war es Fischer zuvorderst um das Thema Großchancen gegangen, dabei vor allem Dingen um diejenigen, welche seine Spieler den Gegnern zuletzt immer wieder gewährt hatten. Stichwort: Organisation. Stichwort: Konzentration. Wobei der Fußballlehrer nicht nur die Defensivkräfte in die Pflicht genommen hat.
Und tatsächlich war es so, dass sich die Eisernen beim Schutz ihres Tores vor knapp 54.000 Zuschauern keine Blöße gaben. Aufmerksam war die Abwehr-Dreierkette, in der Diogo Leite für den gesperrten Paul Jaeckel mal wieder zum Zug kam, von Beginn an. Aggressiv das Mittelfeld, dem es immer wieder gelang, die Mönchengladbacher zum Rück- oder Querpass zu zwingen.
Khedira jagt Neuhaus den Ball ab
Ja, auch mal zum Ballverlust wie in der 22. Minute, als Rani Khedira mit einem gekonnten Tackling gegen Florian Neuhaus einen Gegenangriff einleitete. So kam Sheraldo Becker ins Spiel, schließlich nach einem Pass von Becker auch Kevin Behrens, der aus dem Spurt heraus den Abschluss suchte, nur das Außennetz traf und sich anschließend vor Schmerz am Boden krümmte. Umgeknickt war der Stürmer, konnte aber nach kurzer Behandlung weiterspielen.

Nach diesem ersten offensiven Akzent hatten die Unioner Lust auf mehr. Zum einen in Gestalt von Josip Juranovic, der nach einem Steilpass von Aïssa Bilal Laïdouni auf dem rechten Flügel freie Bahn und vielleicht einen Tick zu viel Zeit zum Denken hatte. Jedenfalls landete sein Querpass in des Gegners Reihen (24.).
Schiedsrichter Petersen fällt auf Thuram rein
Zum anderen in Gestalt von Becker, der in der 28. Minute aus 18 Metern das lange Eck anvisierte, von Ko Itakura jedoch geblockt wurde. Eine Bogenlampe war die Konsequenz, die von Gladbachs Keeper Jonas Omlin auf spektakuläre Art und Weise pariert werden konnte.
Die Mönchengladbacher hingegen waren so harmlos, wie das Trainerteam der Unioner sich das gewünscht hatte. Ja, im Endeffekt gab es in der ersten Hälfte nur einen Aufreger. Hervorgerufen durch Schiedsrichter Martin Petersen, der in der 32. Minute auf die Schauspielnummer von Marcus Thuram hereinfiel, den Mönchengladbachern nach dem Faller des Franzosen an der Strafraumgrenze einen Freistoß schenkte und Laïdouni sogar noch mit einer Gelben Karte bestrafte. Petersens Irrungen und Wirrungen hatten allerdings keine weiteren Konsequenzen – zu seinem Glück.
Roussillon mit ganz viel Gefühl
Den Eindruck, dass die Köpenicker einem Torerfolg näher sind als die Gastgeber, gewann man auch mit Beginn der zweiten Spielhälfte. Jérôme Roussillon fand sich gleich mal in einer hervorragenden Schusssituation, jagte den Ball aber aus zwölf Metern auf die Tribüne (49.). Becker versuchte sich nach einer Flanke von Roussillon an einem Kopfball, aber das ist einfach nicht sein Ding. Im Nachsetzen setzte Behrens den Ball um Zentimeter per Kopf am Tor vorbei.
Becker ärgerte sich über sein spezielles Unvermögen, Fischer ärgerte sich über die vergebenen Möglichkeiten. Doch dann hatte der an diesem Abend überragende Roussillon eine Eingebung und Becker seinen großen Moment. In der 60. Minute war das. Mit ganz viel Gefühl schlug der eine auf den anderen, der sich mit einem Spurt in Richtung Gladbacher Tor aufgemacht hatte, einen gefühlvollen Pass. Becker wagte schließlich den Volleyschuss, traf mit der Innenseite zum 1:0.



