Kolumne 1. FC Union Berlin

Noch nie in Unterzahl gewonnen: Der 1. FC Union muss Platzverweise vermeiden

Mit dem Platzverweis von Paul Jaeckel scheint sich bei den Eisernen ein Kreis zu schließen. Der Abwehrspieler hat sich damit nun selbst ein Bein gestellt.

Paul Jaeckel (l.) hätte sich in den Duellen mit Bochums Christopher Antwi-Adjei etwas geschickter anstellen können, um den Platzverweis zu vermeiden.
Paul Jaeckel (l.) hätte sich in den Duellen mit Bochums Christopher Antwi-Adjei etwas geschickter anstellen können, um den Platzverweis zu vermeiden.Mathias Renner/City-Press

Wahrscheinlich hat Paul Jaeckel seit Sonntag einige unruhige Nächte hinter sich. Zumindest durchwachte Phasen mit wiederkehrenden und halb düsteren Gedanken an die beiden Fouls, für die er im Heimspiel gegen Bochum binnen nicht einmal einer Viertelstunde zwei Verwarnungen kassierte und damit des Feldes verwiesen wurde. Das ist erstens blöd für die Mannschaft, weil damit in der vielleicht labilsten Phase der Partie zusätzliche Statik flöten ging. Das ist zweitens viel blöder für Jaeckel selbst, weil das, was er sich nach für ihn eher quälenden Monaten wieder aufgebaut zu haben schien, in Scherben liegt: Sperre, raus für die Partie am Sonntag in Mönchengladbach und bei der unerbittlichen Konkurrenz mit Diogo Leite und Timo Baumgartl im Kampf um einen Platz in der Abwehr des 1. FC Union eventuell raus in der Endphase der Saison.

Robert Andrich kassierte im Trikot der Eisernen zwei Platzverweise

Jaeckel ist nicht der erste Spieler der Eisernen, der in der Bundesliga vom Platz gestellt worden ist. Robert Andrich hat es sogar zweimal getroffen und Marvin Friedrich auch, dazu in der ersten Saison nach dem Aufstieg Keven Schlotterbeck, Sebastian Polter und Neven Subotic, zwölf Monate später Nico Schlotterbeck und in diesem Spieljahr schon Diogo Leite. Das Dumme daran ist: Keines der Spiele, das sie in Unterzahl beenden mussten, haben die Eisernen gewonnen.

Selbst in Europa haben die Männer aus Köpenick ihre roten Spuren hinterlassen. Zuletzt, beim Aus in der Europa League bei Royale Union St.-Gilloise, hat es Janik Haberer erwischt, in der Gruppenphase in Malmö Andras Schäfer. In der Conference League waren es im Jahr davor gegen Feyenoord Rotterdam Cedric Teuchert und Christopher Trimmel, im Spiel bei Slavia Prag schon einmal Paul Jaeckel.

Es scheint, als schließe sich ein Kreis. Ist sie auch noch so ärgerlich, so gibt es im Fußball dennoch schlimmere Dinge als eine Ampelkarte. Sofern man seinen Platz im Team hat und der durch den Platzverweis nicht in Gefahr gerät. Ein Spiel Zwangspause, kräftig durchatmen, Luft holen – weiter geht die Reise oder auch die wilde Fahrt.

Nur könnte das bei Paul Jaeckel ein wenig anders enden. Die ganz jungen Kerle, die wie Pelé 1958 mit 17 oder wie Kylian Mbappé 2018 mit 19 Jahren Weltmeister wurden, sind die großen Ausnahmen. Auch Jaeckel ist noch ein junger Mann, einer der Jüngsten beim 1. FC Union und beim 1:1 gegen Bochum der Benjamin in seinem Team. Er hat mit 24 noch eine ganze Menge vor sich. Aber ein ganz und gar heuriger Hase ist er dann doch nicht mehr. So langsam muss auch ihm klar sein, dass es mehr werden sollte als nur ein Talent zu sein mit Ambitionen nach oben. Und, auch daran muss Jaeckel sich messen lassen: Danilho Doekhi, deutlich stabiler und mit vier Treffern einer der torgefährlichsten Abwehrspieler der Liga, ist lediglich drei Wochen älter, irgendwie aber weiter und vor allem reifer.

Den einen oder anderen Fehler verzeiht ein Trainer seinen Spielern

Nun gibt es unter Fußballern den ein wenig angestaubten Spruch, dass es keine jungen oder alten, sondern nur gute oder schlechte (und vielleicht auch weniger gute) Spieler gebe. Das mag in vielen Fällen zutreffen, doch auch hier gilt: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. 

Den einen oder anderen Fehler darf ein Spieler machen, diese Toleranz hat jeder Trainer, und das verzeiht er auch. Nur bei wiederkehrenden Aussetzern wird es eng, von schwindendem Selbstvertrauen bei einem selbst abgesehen. Eine derartige Delle hatte Jaeckel gerade hinter sich. Nachdem er zehn Spiele ohne Einsatz geblieben war und bei vieren davon nicht einmal im Kader gestanden hatte, gehörte er zuletzt zweimal wieder zur Startelf. Es sollte ein neuer Anlauf werden auf der Jagd nach mehr Spielzeit und im Kampf um einen Stammplatz. Nun hat Jaeckel sich selbst ein Bein gestellt. Das kann, ohne Schwarzmalerei betreiben zu wollen, durchaus zu einem kleinen Karriereknick führen. Ruhigere Nächte wird ihm das kaum bringen.