1. FC Union Berlin

Leites rabenschwarzer Tag: Der 1. FC Union Berlin verliert in Hoffenheim 2:4

Union gerät durch die Unachtsamkeiten von Diogo Leite 0:2 in Rückstand, erholt sich davon nicht mehr. Der Traum von der Champions League aber lebt.

Unions Diogo Leite muss von Keeper Frederik Rönnow aufgebaut werden.
Unions Diogo Leite muss von Keeper Frederik Rönnow aufgebaut werden.Huebner/Imago

Wie man mit Druck umgeht? Nun, der 1. FC Union Berlin hat in der Vergangenheit zahllose Beispiele dafür gegeben.

Am Sonnabend allerdings, nachdem die Freiburger am Vortag mit einem 2:0 gegen den VfL Wolfsburg vorgelegt hatten, musste die ungewohnt fahrig agierende Elf von Trainer Urs Fischer vor 5000 mitgereisten Fans aus Berlin im Rennen um die Champions-League-Plätze einen Rückschlag hinnehmen, verlor verdientermaßen 2:4 (1:2). Ein Rückschlag ist das, der im Besonderen auf einen schwachen Auftritt in der ersten Spielhälfte zurückzuführen ist. Und auf die Unachtsamkeiten von Diogo Leite. Aber der Reihe nach.

Die Tabellensituation stellt sich vor dem Abendspiel zwischen dem FC Bayern und RB Leipzig jedenfalls wie folgt dar. Die Unioner haben vor dem letzten Spieltag, wenn Werder Bremen im Stadion An der Alten Försterei zu Gast sein wird, 59 Punkte auf dem Konto. Der SC Freiburg kommt ebenfalls auf 59, RB wiederum auf 60 Punkte.


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Robin Knoche fehlt wegen eines Infekts

In Hoffenheim sahen sich die Köpenicker erst mal zur defensiven Neuorientierung gezwungen. Der Grund: Robin Knoche, der in den letzten Wochen, Monaten und Jahren wiederholt überragende Leistungen geboten hatte, fehlte aufgrund eines Infekts, wie Fischer unmittelbar vor der Partie erklärte. Für den Abwehrchef kam Paul Jaeckel zum Einsatz, allerdings nicht im Abwehrzentrum, sondern als rechtes Element in der Dreierkette. Danilho Doekhi wiederum rückte ins Zentrum. Nur zweimal hatte Knoche während seiner Zeit bei Union zuvor passen müssen, beide Spiele waren verloren gegangen. Tja, wie war das noch mal mit dem schlechten Omen?

Ebenfalls neu in der Startelf war Morten Thorsby, als Ersatz für András Schäfer erhielt der Norweger den Vorzug vor Aïssa Bilal Laïdouni. Und Christopher Trimmel? Nun der Kapitän, der seinen Unmut über seine über Wochen hinweg andauernde Reservistenrolle öffentlich kundgetan hatte, durfte wie schon beim 4:2 von Beginn an ran.

Peinliche Aktion der Hoffenheimer Fans

Das mit der Neuorientierung erfuhr allerdings nach gerade mal zwei Minuten Spielzeit eine Unterbrechung. Schuld daran waren die Hoffenheimer Fans, die mit ihrem peinlichen Feuerwerk und der daraus entstehenden Rauchwolke Schiedsrichter Christian Dingert zur Einmischung zwangen. Nach einer fünfminütigen Pause wurde das Spiel fortgesetzt, dabei erweckten die Eisernen zunächst den Eindruck, dass die Absenz von Knoche weitaus weniger problematisch ist, als von vielen befürchtet.

Ganz nüchtern wurde da verteidigt, Risiko im Aufbauspiel vermieden. Das sah unter Vernachlässigung des eigenen Angriffsspiels also ziemlich stabil aus - bis Trimmel und Rani Khedira sich bei einem Einwurf gegenseitig in die Bredouille brachten, Trimmel schließlich einen Fehlpass fabrizierte. Die Hoffenheimer spielten flugs in die Spitze, aber zu ungenau, sodass Diogo Leite die Chance zur Klärung bekam, mit seinem Kopfball-Rückpass-Versuch auf Frederik Rönnow aber alles nur noch schlimmer machte. Ihlas Bebou war zur Stelle, schnappte sich den Ball, umkurvte Rönnow und hatte schließlich auch ein bisschen Glück, dass Doekhis Rettungsaktion unglücklich verlief.

Hoffenheims Bebou erzielt nach dem Patzer von Leite das 1:0 für Hoffenheim.
Hoffenheims Bebou erzielt nach dem Patzer von Leite das 1:0 für Hoffenheim.Sportfoto Rudel/Imago

23 Minuten waren da gespielt. Leite, der arme Tropf, schlich von dannen, suchte Trost, bekam diesen von seinen Kollegen, stand jedoch, nachdem Khedira in der 30. Minute mit einem Fernschuss das Tor der Hoffenheimer um einen halben Meter verfehlt hatte, nur neun Minuten nach seinem ersten Lapsus erneut als Unglücksrabe da. 

Referee Dingert vollzieht einen Sinneswandel

Dieses Mal als Verursacher eines Strafstoßes, den Dingert erst auf Hinweis des VAR und nach Studium der Zeitlupe gegeben hatte. Klar, Leite hatte Christoph Baumgartner am Schienbein getroffen, zuvor aber auch den Ball gespielt, wie Dingert selbst per Handzeichen andeutete. Dann aber der Sinneswandel des Referees, den die Unioner allesamt mit Kopfschütteln kommentierten. Andrej Kramaric verwandelte ungeachtet dieser Zweifel sicher zum 2:0 für die TSG. Und Leite schlich wieder mit gesenktem Haupt davon.

Unions Diogo Leite trifft Christoph Baumgartner am Schienbein, was einen Elfmeter zur Folge hat.
Unions Diogo Leite trifft Christoph Baumgartner am Schienbein, was einen Elfmeter zur Folge hat.Eibner/Imago

Geschockt waren die Eisernen für einen Moment, das schon, aber nicht gebrochen. So konnten sie in der Nachspielzeit der ersten Hälfte einen Eckball, den Becker mit einer gelungenen Solonummer gezogen hatte, zum Anschlusstreffer nutzen. Und Sie ahnen womöglich, wie dabei die Rollen verteilt waren. Eckstoß: Trimmel, Kopfball: Doekhi. Es war der fünfte Saisontreffer des Niederländers, allesamt per Kopf erzielt.

Doekhi (3. v. l.) erzielt per Kopf nach Eckball von Trimmel den Anschlusstreffer.
Doekhi (3. v. l.) erzielt per Kopf nach Eckball von Trimmel den Anschlusstreffer.Frey/Imago

Trotz des hoffnungsgebenden Moments vor der Pause, nahm Fischer in der Halbzeit zwei Wechsel vor. Thorsby musste für Laïdouni weichen, Timo Baumgartl ersetzte Leite. In der Crunch-Time kennt der Schweizer Fußballlehrer kein Pardon.

Fischer wechselt schon in der Halbzeit zweimal

Baumgartl fügte sich mit einem geblockten Torschuss von Bebou ein, Laïdouni mit einem mutigen Volleyschuss (49.). Vier Minuten später war es Becker, der nach Flanke von Trimmel aus fünf Metern freistehend den Ball ins Publikum jagte. 

Weitaus griffiger und zielstrebiger war nun das Spiel der Eisernen, mit einem Khedira, der weitaus öfter das Spiel vor sich hatte als noch in den ersten 45 Minuten. Mit einem Jérôme Roussillon, der fast einen Linksaußen gab. Und mit einem Becker, der für die Hoffenheimer nun kaum mehr zu greifen war. 

Unions Urs Fischer muss mit ansehen, wie seine Mannschaft in Hoffenheim ins Straucheln kommt.
Unions Urs Fischer muss mit ansehen, wie seine Mannschaft in Hoffenheim ins Straucheln kommt.Koch/Imago

Allein im Abschluss blieb Unions gefährlichster Angreifer glücklos. So tauchte er in der 64. Minute plötzlich vor TSG-Keeper Oliver Baumann, entschied sich gegen ein Dribbling und für den direkten Abschluss. Doch Baumann konnte parieren. 

Wenig später legte Fischer, der schon so oft mit seinen Einwechslungen eine Wirkung erzielt hat, noch einmal nach. Mit Jamie Leweling für Janik Haberer und Josip Juranovic für Trimmel drängten die Köpenicker ab der 69. Minute auf den Ausgleich, vielleicht auch auf mehr.

Mit Jordan schickte Unions Cheftrainer schließlich noch einen weiteren Stürmer ins Spiel und wurde Zeuge einer extrem turbulenten Schlussphase. Mit einem weiteren Treffer der Hoffenheimer durch Kramaric (90.), dem 2:3 durch Laïdouni in der neunminütigen Nachspielzeit, der die Hoffnung noch mal für einen Moment zurückbrachte, und mit dem 4:2 für die Gastgeber durch Munas Dabbur, das die Unioner schließlich um diese Hoffnung brachte. Der Traum von der Champions League aber lebt.