Annette Ahme verteilt hektisch Plastikgrünzeug auf einer steinernen Sitzgelegenheit vor dem Humboldt-Forum. Dann hält die 66 Jahre alte Historikerin ein Pappschild in die Höhe, darauf die Aufschrift: „Hilfe, wir verbrennen“.
Annette Ahme will so ab sofort einen Sommer lang jeden Freitag für mehr Grünflächen in Berlin demonstrieren. Die ehemalige Grünen-Politikerin stellt sich damit auch gegen die anderen Klimaproteste wie das Kleben auf Straßen oder das Schuleschwänzen. Sie nennt ihre Aktion: „Fridays for Flora“.
Wie viele Demonstrationen am Anfang wirkt auch diese Veranstaltung zunächst ein wenig traurig. Außer Annette Ahme sind noch drei Unterstützer gekommen. Ihre Freundin Dörte Eriskat macht die Nachwirkungen von Corona und weitere Krisen dafür verantwortlich. Außerdem gibt es eine Spontandemonstration in der Stadt: CDU-Senatorin Manja Schreiner hat angekündigt, den Ausbau der Radwege in Berlin zugunsten von Parkplätzen zu stoppen. Dagegen regt sich ebenfalls Protest.
Aber die kleine Demonstration ist angemeldet, alles hat seine Richtigkeit. Der Effekt: Es sind fast genauso viele Polizisten wie Teilnehmende da. Viel haben die nicht zu tun, aber es könnte ja sein, dass jemand Ahmes Aufforderung in die Tat umsetzt.
In einer Mail schrieb sie am Dienstag: „Wir haben den Klima-Klebern vorgeschlagen, eine sympathischere Aktion anzufangen, nämlich die viel zu vielen Beton- und Steinwüsten auf Berlins Plätzen aufzugraben und zu begrünen.“ Ob die Stadt eine solche Aktion wirklich sympathischer finden würde? Bis auf die Betonhände waren die Hinterlassenschaften der Letzten Generation normalerweise leicht zu entfernen.
Annette Ahme trägt eine neongelbe Warnweste, eine grüne Hose und eine Mütze mit grünem Schirm. Grüne Kleidung, das war die Ansage in der Rundmail an mögliche Teilnehmer: „Ich kann nicht immer alles alleine machen“, schrieb Annette Ahme dort. Ein Unterstützer hat immerhin einen Strauß Blätter aus dem Garten und eine grüne Schürze dabei.
Ihre Forderungen sind zum einen mehr Grünflächen in Mitte und ganz Berlin, die ökologisch sinnvoll sein sollten – also nicht nur Rasen, sondern Blumen für Insekten und Bienen. Zum anderen ein „vertikales Schutzgrün für alle Glashäuser“, damit Vögel nicht mehr beim Flug gegen die Scheiben sterben. Laut BUND sterben allein in Berlin geschätzt vier Millionen Vögel durch den Anprall an Glasfassaden. Ahme greift diese Zahl auf und nennt es „Ornithozid“. Die Wortschöpfung steht nicht im Duden, sie hat sie wohl von Ornithologie (Vogelkunde) und Genozid (Völkermord) abgeleitet.




