Wer gesunde und weiße Zähne haben oder behalten will, muss dafür einiges tun: von der richtigen Ernährung angefangen über die tägliche Pflege bis zum Zahnarztbesuch. Ganz besonders das morgendliche und abendliche Putzen ist wichtig, ebenso der Einsatz von Zahnseide. Da sind sich die Fachleute einig.
Andere Feinheiten sind eher Geschmackssache. Ob elektrische Schallzahnbürste oder eine Handzahnbürste aus Holz, ob Zahnpasta mit Minzgeschmack oder mit Weißmacheranteilen – da entscheidet jede und jeder selbst, was passt.
Seit einigen Jahren gibt es in vielen Drogerien und Supermärkten auch Zahnputztabletten zu kaufen, die das Angebot an klassischen Zahncremes erweitern. Das Unternehmen Denttabs mit Sitz am Humboldthain in Wedding ist in Sachen Zahnpasta-Ersatz ein Pionier. Firmengründer Axel Kaiser hat die Tablette im Oktober 2003, also vor ziemlich genau 20 Jahren, erfunden. Und das, obwohl er bis dahin mit Mundhygiene und Zahnmedizin nichts zu tun hatte.
„Eigentlich sind wir Handwerker“, stellt der Denttabs-Chef gleich zu Beginn des Interviews klar. „Ich habe ein Dentallabor, und wir machen Kronen und Brücken, leben also davon, dass Menschen Ersatz für ihre kaputten Zähne brauchen. Streng genommen ist Karies unser Geschäftsmodell.“
Von Hause aus sei er aber eigentlich Automechaniker, sagt Kaiser: „Ich verstehe also was vom Polieren und Abschleifen.“ Im Grunde genommen sei das bei Autos und Zähnen gleich; man will die glatte Oberfläche nicht zerstören, sondern den Glanz und die Schutzfunktion aufrechterhalten.

Vor Jahren unterstützte Axel Kaiser einen jungen Mann beim Schreiben der Doktorarbeit. Da ging es um Zahnpasten. Das Thema faszinierte den Unternehmer. Er blieb dran. Und ließ nie locker. Heute gehören Zahnputztabletten ebenso wie feste Shampoos und Seifen zum normalen Angebot in Drogerien und Supermärkten.
Was ist der Unterschied zwischen Zahnpasta und Zahnputztabletten?
Tabletten wie Denttabs werden zerkaut, und dann putzt man sich mit einer angefeuchteten Zahnbürste die Zähne. Zahnpasta wird nicht benötigt. „Eine Zahnpasta besteht zu rund 50 Prozent aus Wasser. Und dort, wo Wasser ist, fühlen sich Pilze sehr wohl. Aber Zahnpasta schimmelt nicht. Und das liegt an diversen Zusatzstoffen wie Keimhemmern, Stabilisatoren und Konsistenzhemmern“, so Kaiser.
Er hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten tief ins Thema eingefuchst und für sein Produkt gekämpft, das anfangs niemand so recht wollte. Angeboten hatte er die Denttabs unter anderem „Colgate, Unilever, Elmex, Henkel“, zählt er auf. Es gab nur Absagen. Teilweise hätten die Produzenten Angst um ihr bestehendes Geschäft gehabt, so Kaiser, andere wiederum fürchteten, die Kundschaft nicht überzeugen zu können.
Unilever und Henkel teilen nun auf Nachfrage mit, dass man nichts zum Sachverhalt sagen könne. Procter & Gamble hingegen schreibt: „Unser Unternehmen hat im Jahr 2019 ausführliche Tests durchgeführt, die aufgezeigt haben, dass der/die durchschnittliche Endverbraucher:innen bei der Nutzung von Zahnputztabellen keine klaren Vorteile gegenüber herkömmlichen Zahncremes verspürt.“
Und weiter: „Zahnputztabletten sind im täglichen Gebrauch oftmals unhandlich und erzeugen auch eine andere Art bzw. teilweise gar keinen Schaum. Die durchgeführten Verbrauchertests haben gezeigt, dass aber insbesondere das schaumige, reinigende Gefühl von klassischen Zahncremes unterbewusst das Einhalten der täglich empfohlenen Reinigung – mindestens zwei Minuten, zweimal am Tag – anregt.“

Ein vierwöchiger Selbsttest jedoch zeigt, dass eine Tablette tatsächlich sehr leicht, wenn nicht gar leichter zu handhaben ist: In den Mund stecken, kauen, putzen. Man muss keine Tube öffnen und ausdrücken, ärgert sich nicht über trockene Reste an der Öffnung oder muss nicht kämpfen, um den letzten Rest herauszubekommen, weil man ja nichts verschwenden möchte. Bei Zahnputztabletten weiß man genau, wie viele noch da sind, wie lange man damit auskommen wird. Der Einsatz ist kinderleicht, handlicher als jede Tube – und man verbraucht sie problemlos bis zum letzten Rest.
„Bei einer Zahnpastatube bleiben bis zu 15 Prozent in der Verpackung“, meint Axel Kaiser. „Meine Idee war: Ich brauche etwas, das auf allen Ebenen funktional ist. Und so haben wir jahrelang geforscht und gebastelt, bis die Denttabs fertig waren.“
Technisch gesehen bestehen die Tabletten „zu 80 Prozent aus Zellulose, also aus Holz“, so der Unternehmer. Sie sind vegan. Zellulose ist ein Ballaststoff, der unter anderem auch im Salat steckt. Und Ballaststoffe wiederum sind gesund für unsere Darmflora, weil die gesundmachenden Darmbakterien sich von Ballaststoffen ernähren und so unter anderem unser Immunsystem abwehrbereit halten.
„Die in den Tabs enthaltene Zellulose ist ein Poliermittel und kein klassisches Putzmittel“, erklärt Axel Kaiser. „Ein Großteil der Menschheit nutzt Holz zum Zähneputzen, genauer gesagt Stöckchen des Swakbaumes, der auch Zahnputzbaum genannt wird.“
Der Baum wird auch Miswak geschrieben und ist laut Wikipedia „von Nordafrika, über das tropische bis ins südliche Afrika, auf der Arabischen Halbinsel sowie in Westasien und auf dem Indischen Subkontinent weitverbreitet“. Das Zahnreinigen mit Holz ist kein klassisches Putzen, wie wir es kennen. Vielmehr wird hauptsächlich auf den Pflanzenteilen herumgekaut.
Reinigen Zahnputztabletten gut?
Das, was wir essen, greift vielfach unsere Zähne an. Zucker, Fruchtsäuren – all das kann den Zahnschmelz schädigen. „Deshalb hat die Natur sich was einfallen lassen“, sagt Kaiser. „Unser Speichel enthält Calcium und Phosphat, die sich zu Kristallen auf der Oberfläche des Zahnes verbinden. Das nennt man Remineralisierung.“
Ernährung und Remineralisierung halten sich idealerweise die Waage, sind im Gleichgewicht. Doch wir essen zu häufig, und meistens auch noch das Falsche. „In der Folge bilden sich die Kristalle unwillkürlich, sodass die Zahnoberfläche rauer wird, Pigmente sich dort festsetzen können und Karies entstehen kann“, sagt der Denttabs-Chef.
Der Ansatz bei Zahnpasten sei: „Man putzt den Biofilm weg. Weil aber die Zahncremes alle sehr viel Wasser enthalten, nehmen wir dabei noch allerhand andere Stoffe auf, die man eigentlich gar nicht bräuchte. Und durch die Mundschleimhaut geht das schnell ins Blut.“
Tabletten hingegen würden aufgrund ihrer Zusammensetzung die Kristalle wegpolieren. Der Selbsttest zeigt, dass sich die Zähne ebenso glatt anfühlen wie nach dem Putzen mit Zahnpasta. „Die Reinigungsfunktion soll laut Studienlage bei beiden gleich sein“, erklärt Barbara Plaster, Zahnärztin aus Charlottenburg und Vizepräsidentin der Berliner Zahnärztekammer.
Die Fachfrau betrachtet die leichte Portionierbarkeit und somit das problemlose Transportieren auf Reisen als Vorteil. Und das stimmt, denn ein paar kleine Tabletten nehmen weniger Platz weg als eine Zahnpastatube. Und man kann sie abzählen, weiß also sicher, dass sie einem nicht ausgehen. Anders als bei Zahncreme, wo man – je nach Länge des Urlaubs – die angebrochene Tube nimmt, eine kleine kauft oder eine neue große einpackt. Solche Überlegungen fallen bei den Tabs, für die es eine kleine Metallbox zum Aufbewahren gibt, weg.
Andererseits, so Barbara Plaster, „muss man es mögen, eine Tablette trocken im Mund zu zerkauen und sich mit dem wenigen Schaum und gegebenenfalls einigen Restkrümeln die Zähne zu putzen“. Auch das stimmt. Es ist gewöhnungsbedürftig, aber das sind Umstellungen ja eigentlich immer.
Zudem gibt die Zahnärztin zu bedenken, dass die in einer Zahnputztablette enthalte Fluoridmenge „laut Studie um ein Drittel kleiner ist als bei einer normalen Portion Zahnpasta“. Wobei hier natürlich auch die Frage ist, wie viel Zahnpasta man sich auf die Bürste macht. Die eine mehr, der andere weniger. Zahnputztabletten sind einheitlich groß und damit auch einfach zu dosieren.
„Der geringere Fluoridgehalt ist aber kein Problem“, sagt Denttabs-CEO Axel Kaiser. „Dadurch, dass die Tabs nicht schäumen, gelangt das Fluorid direkt an Zähne und Zahnfleisch, ohne zusätzliche Chemikalien. Es verteilt sich besser.“
Durch das schnelle Auflösen des Fluorids im Mund könne es beschädigte Stellen an den Zähnen effektiver reparieren. Fluorid schützt den Zahnschmelz; wichtig ist es ganz besonders bei freiliegenden Zahnhälsen. Studien legen nahe, dass Zahnputztabletten die Remineralisierung fördern.
Nachhaltigkeit als Verkaufsargument: Zahnputztabletten machen weniger Müll
Nachdem sich jahrelang kaum jemand für die Denttabs interessierte – abgesehen von Unverpackt-Läden, gab es in den Jahren 2016 bis 2018 einen regelrechten Boom, erinnert sich der Firmenchef: „Plötzlich war das Thema Nachhaltigkeit in aller Munde. Und davon profitierten wir sehr.“ DM und Rossmann nahmen die Denttabs ins Sortiment, es folgten Supermärkte. Und Nachahmer.
Heute gibt es mehr als 100 Anbieter von Zahnputztabletten, darunter jene von den Firmen Duschbrocken, i+m, Happybrush, The humble Co. und Dentural. Sie alle haben nachhaltige Produkte im Angebot, werben damit, betonen diesen zeitgeistigen Aspekt. Und tatsächlich ist es ein besseres Gefühl, ein kleines Tütchen ohne Rückstände in den Mülleimer zu werfen, als eine (verklebte) Zahnpastatube. Rein mengentechnisch liegen Welten dazwischen.

Der Zahntablettenhersteller Smyle schreibt: „Jedes Jahr landen über 1,5 Milliarden Zahnpastatuben auf Mülldeponien und in unseren Ozeanen, wo sie sich kaum zersetzen. Die restlichen 20 Milliarden Zahnpastatuben, die jährlich produziert werden, werden verbrannt und verursachen einen erheblichen CO2-Ausstoß.“ Und: „Aufgrund der unterschiedlichen Kunststoffschichten, die in einer Tube vereint sind, mangelt es an technischen Möglichkeiten diese Materialien zu recyclen“, so Smyle weiter.
Die Tüten von Zahnputztabletten bestehen in der Regel nicht aus Kunststoff, sondern aus natürlichen Materialien und sind recyclebar oder kompostierbar. Eine Packung Denttabs enthält 125 Tabletten, die für knapp mehr als zwei Monate reichen. „Damit ersetzt ein Tütchen eine Tube Zahnpasta“, sagt Axel Kaiser.
Es wird davon ausgegangen, dass man jedes Mal ein Gramm Zahnpasta verwendet, wenn man sich die Zähne putzt. Eine Tube enthält in der Regel 75 Milliliter. Sofern man also exakt dosiert, reicht die Zahnpasta dann gut zwei Monate.

In einem Gramm Zahnpasta steckt zudem die auf der Verpackung angegebene Fluoridmenge. Benutzen Sie beim Putzen mehr Zahnpasta oder weniger, variiert auch die Fluoridmenge, die Sie aufnehmen. Die meisten klassischen Zahnpasten sind günstiger, teilweise zahlt man weniger als einen Euro pro Tube. Spezialzahncremes, etwa für empfindliche Zähne, kosten um die 5 Euro. Und knapp 5 Euro kosten auch Denttabs; andere Produkte sind preislich vergleichbar.
Machen Zahnputztabletten die Zähne weißer?
Zahnbeläge bilden sich, wenn Rückstände von Kaffee, Tee, Rotwein oder Nikotin auf der angerauten Zahnoberfläche haften bleiben. „Denttabs polieren die Zahnoberflächen glatt, und das aufgrund der Zellulose auf nahezu natürliche Weise. So haben Beläge quasi keine Chance.“
Das zeigt sich bereits nach kurzer Nutzungsdauer: Selbst Zahnzwischenräume sind sauberer. Und auch die Oberflächen wirken strahlend. Auf der Innenseite der Schneidezähne ist zu spüren, dass sie ein wenig rauer sind. Das sei normal, so Kaiser.
„Gerade auf der Rückseite der Schneidezähne entstehen die meisten Kristalle aus der Remineralisierung, weil unter der Zunge die Haupt-Speicheldrüse sitzt. Und dabei ist die Wirkung unten stärker als oben“, so der Experte. Die Kristalle, die sich wie oben beschrieben aus der Speichel-Nahrungsrestemischung bilden, könne man mit ein wenig Ausdauer wegbürsten.
Danach würde man den älteren Zahnstein, also den ausmineralisierten Belag freilegen. Dieser fühlt sich ebenso rau an. Es sind sozusagen die alten Kristalle, an denen auch die Verfärbungen haften. Man kann sie mithilfe der Zellulosetabletten wegpolieren, oder man lässt sie sich vom Zahnarzt entfernen.








