Sport im Alter

Fitness für Faule: Sport-Oma erklärt, wie man zu Hause trainiert

Schnell fit werden? Kein Problem, sagt Fitness-Junkie Erika Rischko (82). Wer zu Hause Sport macht, kann echte Muckis aufbauen. Funktioniert in jedem Alter.

Erika Rischko beim Training
Erika Rischko beim TrainingBen Fuchs/ZS

Sie ist fitter als manch 30-Jährige, kann länger planken als viele Sportstudiobesucher und steckt beim Spinning sogar ihre Tochter in die Tasche: Erika Rischko ist 82 Jahre alt, bezeichnet sich selbst als Fitness-Junkie und ist im Netz ein Star. Auf Instagram folgen ihr mehr als 56.000 Menschen, bei TikTok hat sie mehr als 365.000 Fans. Man kann sehen, wie sie turnt, Gewichte stemmt, scheinbar mühelos im Bankstütz verharrt – und dabei immer lächelt.

„Wenn es doch so viel Spaß und gute Laune macht“, sagt die Rentnerin beim Telefon-Interview mit der Berliner Zeitung. „Früher habe ich keinen Sport gemacht. Erst mit 55 Jahren habe ich angefangen und seitdem nicht mehr aufgehört.“ Mehr als 25 Jahre Sport haben ihr beeindruckende Erfolge beschert: Erika Rischko kann über acht Minuten lang planken, also nur auf Unterarme und Zehen gestützt in der Waagerechten verharren. Diese Übung nennt man auch Bank- oder Bauchstütz. „Das trainiert so ziemlich alle Muskelgruppen, und man kann das locker zu Hause machen“, sagt die Rheinländerin. Anfänger schaffen es meistens kaum, 30 Sekunden auszuhalten, geschweige denn, Rücken und Po konsequent auf einer Linie zu halten, weder durchzuhängen, noch sich irgendwie nach oben zu strecken.

Aber Erika Rischko hat noch mehr persönliche Rekorde: Sechs Stunden Spinning? Check. „Das ist keine große Leistung“, sagt sie bescheiden. „Man kann ja variieren, wie schwer man treten möchte.“ Wandhocke mit zusätzlichen 50 Kilo auf den Oberschenkeln? Schafft die 82-Jährige eine halbe Minute lang. „Im Sportstudio sind ja immer so viele Gewichte, die sollte man auch nutzen“, findet Erika Rischko. Überhaupt, sagt sie, sei das Trainieren nirgends so effektiv und schön wie in einem guten Fitnessstudio, in dem ausgebildete Trainerinnen und Trainer arbeiten. „Die achten darauf, dass man die Übungen sauber ausführt. Das ist wichtig, damit man sich nicht verletzt und die Übung auch den gewünschten Erfolg erzielt“, sagt sie. „Wer einfach drauflos trainiert, ohne Plan und ohne Beratung, wird keine schnellen Resultate erzielen.“

Vor der Pandemie hat Erika Rischko 14 bis 15 Stunden pro Woche trainiert, heute sind es etwa zehn bis zwölf. Angefangen hat sie Ende der 1990er mit dreimal pro Woche, steigerte sich dann immer mehr – und wurde dann durch Corona komplett ausgebremst. „Das war hart. Monatelang war das Fitnessstudio geschlossen, danach konnte ich nicht mehr so ohne Weiteres die Zehn-Kilo-Hanteln stemmen.“ In der Zeit hat sie viel zu Hause trainiert und weiß darum auch, welche Übungen besonders effektiv sind, auch wenn sie total easy klingen.

Diese Übungen empfiehlt die Sport-Influencerin

Wasserflaschen stemmen: Statt eines Gewichtes nehmen Sie in jede Hand eine Wasserflasche. Je nachdem wie fit Sie sich fühlen, greifen Sie zu einer Halbliterflasche oder nehmen eine mit 1,5 Litern, voll natürlich. Wer keine Flaschen zu Hause hat, kann auch Saft- oder Milchkartons nutzen, ebenso geht eine Packung Reis oder Mehl. „Und wenn Sie dann Ihr Gewicht in den Händen halten, strecken Sie die Arme nach vorn und beugen sie ein. Vor und zurück“, erklärt Erika Rischko. „Danach strecken Sie die Arme zur Seite aus und heben sie in diesem Zustand hoch und lassen sie langsam wieder sinken, auf und ab.“ Schließlich ziehen Sie Ihre Arme mitsamt der Flaschen zu sich an den Körper und schieben sie wieder weg, hin und her.

Wandhocke: „Stellen Sie sich gerade an eine Wand. Kopf, Rücken und Po berühren die Wand. Dann gleiten Sie langsam nach unten, bis Sie in einer Hocke ankommen, bei der Ihre Knie zu 90 Grad gebeugt sind, eigentlich so, als würden Sie sitzen, nur eben ohne Stuhl. Und dann halten Sie. Bleiben Sie so lange Sie können in dieser Position“, empfiehlt Erika Rischko.

Wadenheben: Wenn Sie auf dem Sofa sitzen, rutschen Sie ein Stück nach vorne, sodass Ihre Füße auf dem Boden stehen. Knie und Hüfte sind jeweils im rechten Winkel. „Und dann heben Sie Ihre Beine im Wechsel, strecken das Knie und beugen es wieder, links auf und ab, rechts auf und ab. Wenn Ihnen das zu leicht ist, nehmen Sie beide Beine gleichzeitig“, rät Erika Rischko. Sollte Ihnen das zu einfach vorkommen, geben Sie sich einen Augenblick Zeit, in der Übung anzukommen. Denn: „Die hat es in sich. Es ist anfangs gar nicht so leicht, die Beine wirklich gerade zu bekommen und mit der Zeit werden sie auch lahm. Achten Sie darauf, gerade sitzen zu bleiben und die Schultern nach hinten zu nehmen. Sacken Sie nicht in sich zusammen, sondern achten Sie darauf, Körperspannung zu halten.“

Wirbelsäulen-Twist: Strecken Sie Ihren rechten Arm gerade nach vorn und blicken Ihre Finger an. Dann drehen Sie sich langsam nach rechts und folgen mit dem Blick, bis Sie sich nicht mehr weiter drehen können. Danach wiederholen Sie die Übung mit dem linken Arm. „Die Mobilisierung der Wirbelsäule beugt Rückenschmerzen vor“, weiß Erika Rischko. „Die Rotation hilft auch, Verspannungen zu lösen. Achten Sie darauf, dass Sie Ihre Schultern hängen lassen und nicht Richtung Ohr ziehen, sonst verkrampft der Schulter-Nacken-Bereich.“ Sie können die Übung auch durchführen, indem Sie ein Kissen in beide Hände nehmen und sich dann abwechselnd seitlich drehen. „Das kann man auch ganz hervorragend im Sitzen machen. Wer schon besser trainiert hat oder mehr spüren möchte, hebt die Beine währenddessen an“, so die Sport-Seniorin.

Luftradeln: Das kennen Sie sicher noch aus Ihrer Kindheit. „Legen Sie sich auf den Rücken, heben die Beine angewinkelt in die Höhe und radeln los. Achten Sie darauf, die Beine jeweils in der Spur zu halten, also nach oben und vorne zu treten und nicht seitlich wegzukippen“, sagt Erika Rischko. „Wenn Sie diese Übung auf dem Sofa liegend machen, wird durch die weiche Polsterung auch noch die tief liegende Muskulatur angesprochen. Optimal für gute Trainingsergebnisse.“

Jede Übung sollten Sie so lange wiederholen, bis es weh tut. Das ist dann nämlich das Signal des Körpers, dass etwas in Gang gesetzt wurde. In der Muskulatur herrscht Hochbetrieb – und das ist ja das Ziel. Wenn Sie zu früh aufhören, wachsen keine Muckis. Zählen Sie bei jeder Einheit, wie viele Wiederholungen Sie schaffen. Notieren Sie sich das mit dem Datum und führen weiterhin Buch. Sie werden schnell merken, wie sich Erfolge einstellen, Sie immer mehr Wiederholungen meistern. Das Aufschreiben dient also nicht nur der Dokumentation und Erfolgskontrolle, sondern auch der Motivation.

Tipp von Sport-Expertin Erika Rischko: „Wenn Sie keine Lust auf Sport haben, gehen Sie spazieren. Suchen Sie sich nette Menschen, die Sie im Wechsel begleiten und laufen Sie zusammen los. Egal, ob mit der besten Freundin, der Nachbarin oder mit dem Enkel, dem Arbeitskollegen. Bewegen Sie sich an der frischen Luft, tauschen Sie sich aus. Das tut Körper und Geist gut. Vereinbaren Sie feste Termin und marschieren dann los, am besten drei- bis viermal pro Woche.“

„Wer aber wirklich viel erreichen will, dem empfehle ich ein Fitnessstudio mit professionellen Trainern. Gehen Sie doch mal zum Probetraining und testen die Geräte oder besuchen einen Kurs“, rät die Expertin. „Sie werden schnell merken, wie viel Spaß das macht und wie sehr Sport die Laune hebt.“

Was sagt der Sportwissenschaftler?

Prof. Dr. Ingo Froböse: Erika Rischko ist das beste Beispiel dafür, dass es wirklich nie zu spät ist, mit dem Sport anzufangen und beeindruckende Erfolge zu erzielen. Das Schöne an unserem biologischen System ist nämlich, dass wir Körperzellen haben, die gar nicht wissen, wie alt wir sind. Unsere Knochen beispielsweise erneuern sich alle 15 Jahre, die Haut alle 50 Tage. Drei Viertel unserer Körperzellen entsprechen denen eines 20-jährigen Menschen.

Der Hauptverlust unserer Energie und Körperfunktionen liegt weniger am Alter, sondern an der Nichtnutzung. Strukturen, die nicht genutzt werden, verkümmern. Der körperliche Verfall setzt so ein. Wenn man aber anfängt, sich aus der Trägheit zu bewegen, freuen sich Muskeln, Sehnen und Gelenke, endlich wieder etwas leisten zu dürfen. Das Lungenvolumen eines 80-jährigen Menschen ist nur rund 20 Prozent geringer als von einem 20-Jährigen. Und das Herz ist im Vergleich noch zu 70 bis 80 Prozent leistungsfähig.

Mit einem guten Training, kann man seine Werte nach oben pushen. Wer beweglich und gelenkig ist, strahlt Vitalität aus, ist leistungsfähiger im Alltag. Zudem setzt Sport nachweislich Glückshormone frei, die uns glücklich machen. Darum ist Sport nicht nur für den Körper, sondern auch für den Geist von elementarer Bedeutung.

Erika Rischko hat ein Buch über ihr Leben mit dem Sport geschrieben: Erika Rischko/Prof. Dr. Ingo Froböse: „Für Fitness ist es nie zu spät. Aktiv und beweglich bis ins hohe Alter“, ZS-Verlag, 160 Seiten, ca. 23 Euro.