Immer mehr ukrainische Aktivisten in Deutschland fordern ein entschlosseneres Handeln der Bundesregierung, insbesondere die schleppenden Panzerlieferungen werden kritisiert. Nun wendet sich ein Aufruf in den sozialen Medien direkt an den deutschen Entertainer und Moderator Jan Böhmermann. „Hast du genug Mumm und Herz, dich mit Putin anzulegen? Lass uns gemeinsam eine Bayraktar für die Ukraine kaufen.“ Böhmermann soll per Crowdfunding Millionen von Euro sammeln, um eine der türkischen Kampfdrohnen zu kaufen. Journalisten in anderen Ländern haben es ihm vorgemacht.
Der deutschsprachige Instagram-Account „Stand with Ukraine“ hat sich darüber beschwert, dass es hierzulande keine öffentlichen Spendenaktionen von Prominenten gibt, um die Ukraine mit Waffen zu unterstützen. Der Aufruf verweist auf ähnlich groß angelegte Kampagnen in Litauen, Polen und der Ukraine.
Auf Instagram fordern einige Menschen aus der ukrainischen Diaspora, dass @janboehm mit seiner Community helfen soll einen Bayraktar für die Ukraine zu kaufen.Ein polnischer und ein litauischer Journalist haben es für ihre jeweiligen Länder auch getan: https://t.co/j7Mp6fhTL8 pic.twitter.com/Kb0v8NkYMu
— Artur Weigandt (@ArturWeigandt) July 25, 2022
Der litauische Journalist und Fernsehmoderator Andrius Tapinas hatte im Juni 2022 eine Initiative gestartet und innerhalb weniger Tage fast sechs Millionen Euro zusammengetragen. Die türkischen Drohnen-Hersteller waren derart begeistert von der Solidaritätsaktion im Baltikum, dass sie die Bayraktar am Ende gratis ans litauische Verteidigungsministerium spendeten. Die gesammelten 5,9 Millionen Euro sollen stattdessen für Munition und ukrainische Hilfsorganisationen ausgegeben werden.
Die außergewöhnliche Spendenaktion fand Nachahmer im Nachbarland Polen. Dort sammelte der landesweit bekannte linke Publizist Slawomir Sierakowski fast fünf Millionen Euro für eine Bayraktar-Drohne. „22,5 Millionen Zloty! Made in Poland“, freute sich der Initiator der Spendenaktion auf der Internetseite der von ihm gegründeten Zeitschrift Krytyka Polityczna.
Poles have made it!
— Andrius Tapinas (@AndriusTapinas) July 24, 2022
22.5 million zloty gathered to buy another Bayraktar for Ukraine pic.twitter.com/Be6vDvQSTM
Und auch in der Ukraine ging eine solche Drohnen-Spendenkampagne viral. Der ukrainische TV-Star Serhij Prytula sammelte in weniger als drei Tagen ganze 20 Millionen Euro, wofür es am Ende drei Drohnen aus der Türkei gab. In Norwegen und Kanada haben sich weitere Crowdfunding-Plattformen gegründet.
In den kommenden zwei Monaten wollen die Spender aus Norwegen über fünf Millionen Euro aufbringen und das Geld der ukrainischen Botschaft in Oslo übergeben. Das Motto des Spendenaufrufs lautet: „Gebt dem ukrainischen Volk eine Bayraktar aus Norwegen. Zeigen Sie Solidarität mit dem Kampf der Ukraine gegen Putin“.
Außerdem haben tschechische Aktivisten einen Online-Shop gegründet, in dem man virtuell Waffen und Schutzausrüstung bestellen kann; eine Art Waffen-Amazon. Das Geld für die Güter wird nach dem Online-Kauf an die ukrainische Botschaft in Prag überwiesen, die im Anschluss die Kampfgeräte erwirbt.
Böhmermanns Verhältnis zu Erdogan
Nun tragen auch Aktivisten in Deutschland die Spendenidee an die Öffentlichkeit. Jan Böhmermann hat sich dazu bisher nicht geäußert. Eine gemeinsame Aktion des Komikers mit dem türkischen Drohnen-Hersteller scheint jedoch aus mehreren Gründen unrealistisch. Einerseits kam es 2016 zum Eklat („Böhmermann-Affäre“) zwischen dem ZDF-Moderator und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Nach dem satirischen Gedicht „Schmähkritik“ erstattete die türkische Regierung Strafanzeige gegen Böhmermann. Der Direktor des Drohnen-Unternehmens ist im Übrigen der Schwiegersohn von Erdogan.



