Die Union hat sich mit den Fraktionen von SPD, Grünen und FDP auf einen gemeinsamen Antrag geeinigt, um die Ukraine auch mit schweren Waffen und weiteren Hilfsgütern zu beliefern. Sollte sich die Ampelkoalition deswegen allerdings die Hoffnung gemacht haben, dass damit auch die Zustimmung zum Sondervermögen Bundeswehr gesichert ist, dann wurde sie am Donnerstagnachmittag enttäuscht.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) habe in seiner Zeitenwende-Rede vor genau zwei Monaten versprochen, dass der Verteidigungsetat demnächst mindestes zwei Prozent der Wirtschaftsleistung betragen solle, sagte der CSU-Landesgruppenvorsitzende Alexander Dobrindt. Nun sehe man aber im Haushaltsentwurf, dass das Versprechen nicht gehalten werde. „Wenn sich das nicht ändert“, sagte Dobrindt, „dann werden Sie uns nicht an ihrer Seite haben.“
Der CDU-Abgeordnete Mathias Middelberg äußerte sich ähnlich. „Wir liegen hier voll auf dem Kurs des Bundeskanzlers“, sagte er und verwies darauf, dass das in der eigenen Fraktion des Kanzlers und auch in der Regierung nicht einheitlich der Fall sei. Der Kanzler habe vor acht Wochen in der Sondersitzung des Bundestages von einem Sondervermögen Bundeswehr gesprochen, nicht aber von einem Gesetz zur Stärkung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit, wie es nun in beiden Gesetzesentwürfen stehen. „Das, was sie heute hier in den Bundestag eingebracht haben, ist für uns so nicht zustimmungsfähig“, erklärte Middelberg.
Das Sondervermögen Bundeswehr umfasst zwei Gesetzesvorhaben. So soll es ein neues Bundewehrsondervermögensgesetz geben und außerdem einen neuen Absatz im Grundgesetzartikel 87a, der das Sondervermögen gleichzeitig von der Schuldenbremse ausnimmt. Für die Grundgesetzänderung wird eine Zweidrittelmehrheit benötigt. Die Stimmen der Union werden deshalb gebraucht, wenn das Vorhaben nicht scheitern soll.
Finanzminister Christian Lindner (FDP) warb in seiner Rede daher offensiv um die Zustimmung der Union. Es handele sich bei den Vorhaben um Entscheidungen historischen Charakters, sagte Lindner. Das Sondervermögen werde womöglich eines Tages mal in einem Atemzug mit dem Nato-Doppelbeschluss genannt werden. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Union da nur teilweise oder gar nicht zustimmen will“, sagte der Minister. Es habe Zeiten gegeben, in denen die Geschichte Deutschlands bemüht wurde, um nichts zu tun. „Jetzt wissen wir, dass die deutsche Geschichte der Grund sein muss, zu handeln.“ Die Bündnis- und Landesverteidigung spiele nun eine größere Rolle als früher. „Es geht nicht um eine Militarisierung der Außenpolitik“, so Lindner. „Aber man muss kämpfen können, um nicht kämpfen zu müssen.“ Dazu solle das Sondervermögen beitragen.
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) brachte danach genau jene Definition ins Spiel, die die Union massiv kritisiert. Das Sondervermögen, so Baerbock, solle nicht nur beschreiben, was Bundeswehr brauche, sondern allgemein zur Stärkung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit beitragen. Auch sie warb um die Stimmen der Union. „Das ist kein Moment für parteitaktische Spielchen“, sagte sie und appelliert an die gemeinsame Verantwortung der Politik in der Krise.
Aus der Union war am Donnerstag aber nicht mehr Bereitschaft zu bekommen, als die zu „weiteren konstruktiven Gesprächen“, wie der CDU-Abgeordnete Johann Wadephul klarmachte. Aus den anderen Oppositionsparteien sind jedenfalls keine Stimmen zu erwarten.
Linke und AfD gegen Sondervermögen
Für die Fraktion der Linken erklärte die Vorsitzende Amira Mohamed Ali bündig, die gesamte Idee eines Sondervermögens sei falsch. Es führe nur dazu, dass die Aktienkurse der Rüstungskonzerne in die Höhe gehen. „Ihren Irrsinn werden wir nicht mitmachen“, so Mohamed Ali. Schon jetzt werde in Europa ein Vielfaches des russischen Militärhaushaltes ausgegeben. Das habe Putin aber nicht davon abgehalten, die Ukraine zu überfallen. Für AfD erklärte der Abgeordnete Peter Boehringer, das Sondervermögen sei ein illegitimer Nebenhaushalt, den man aus Prinzip ablehne.



