Die Linke

Wagenknecht soll weg: Wäre die Linke dann noch eine ernstzunehmende politische Kraft?

Die Partei bricht mit ihrem Star. Zu konträr sind ihre Positionen und Wagenknechts Überlegungen einer Parteineugründung. Ist es das Ende der Linken?

Linke-Politikerin Sahra Wagenknecht ruft zu einem „Startschuss für eine neue starke Friedensbewegung“ auf. 
Linke-Politikerin Sahra Wagenknecht ruft zu einem „Startschuss für eine neue starke Friedensbewegung“ auf. Monika Skolimowska/dpa

Die Linke bricht mit Sahra Wagenknecht. Es ging wohl nicht mehr anders. Nachdem Wagenknecht am Freitag in einem Interview mit der Welt erneut die Prüfung der Gründung einer eigenen Partei angekündigt hatte, fasste der Linke-Vorstand am Wochenende einen eistimmigen Beschluss und fordert die Ex-Fraktionschefin nun zur Rückgabe ihres Mandats auf. „Die Zukunft der Linken ist eine Zukunft ohne Sahra Wagenknecht“, heißt es in einem Beschluss des Parteivorstandes am Wochenende in Berlin.

Die Linke-Führung hat Wagenknechts Ansinnen wiederholt scharf kritisiert und sie gedrängt, sich zu entscheiden. Seit Monaten liegt die Partei auch inhaltlich mit Sahra Wagenknecht über Kreuz. In Fragen der Migration und beim Gendern ist man grundsätzlich unterschiedlicher Meinung, genauso wie man es bei den Corona-Maßnahmen war. Linken-Ministerpräsident Bodo Ramelow in Thüringen befürwortet sogar Waffenlieferungen an die Ukraine. Während die Partei Seenotrettung fördert, Verständnis für Klima-Kleber zeigt und die Gender-Ideologie zelebriert, lehnt Wagenknecht all das ab – genauso wie ein Großteil der Wähler der Linken.

Kann man wirklich gegen die eigenen Wähler Politik machen?

Doch das Problem der Partei wäre durch einen Weggang ihrer bekanntesten und beliebtesten Politikerin nicht gelöst. Im Gegenteil: Wäre die Linke ohne Sahra Wagenknecht überhaupt noch eine ernstzunehmende politische Kraft?

Parteichefin Janine Wissler erklärte, der Vorstand kämpfe um die Einheit der Partei und gegen Versuche, sie zu spalten. Minderheitenmeinungen würden respektiert. „Wir erwarten aber, dass die demokratischen Beschlüsse der Partei ernst genommen werden und sie auch eingehalten werden.“

Die Linke hat in der Bevölkerung keine großen Sympathien

In der Partei hat die Führung die Mehrheit, in der Bevölkerung aber besitzt Wagenknecht die meisten Sympathien. Während die Linke bei der letzten Bundestagswahl die Fünf-Prozent-Hürde riss und nur dank drei Direktmandaten wieder in den Bundestag einziehen konnte, gaben in einer Umfrage von Civey jüngst 24 Prozent der Befragten an, sie könnten sich vorstellen, eine Wagenknecht-Partei zu wählen. Sicher hätte die Partei sich auch die Frage stellen können, ob Positionen, die sich jenseits der eigenen Wählerschaft bewegen, wirklich der richtige Weg sind.

Die Linke-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali kritisierte denn auch das Vorgehen. „Ich halte den heutigen Beschluss des Parteivorstandes von Die Linke für einen großen Fehler und einer Partei unwürdig, die sich Solidarität und Pluralität auf die Fahnen schreibt“, schrieb sie auf Twitter. „Wir haben unseren Wählerinnen und Wählern und all den Menschen gegenüber, die ohne uns keine Stimme haben, eine wichtige Aufgabe. Vorstandsbeschlüsse gegen eigene Mitglieder zu fällen und öffentlich breitzutreten, gehört nicht dazu!“

Was, wenn Wagenknecht ihre Mandate nicht niederlegt?

Auf die Frage, was passiere, wenn Wagenknecht ihr Mandat nicht niederlege, sagte Co-Parteichef Schirdewan, es sei eine „Erwartungshaltung“ formuliert worden. Laut Wissler spielte ein möglicher Parteiausschluss Wagenknechts in der Sitzung keine Rolle. Ein Parteiausschluss gilt als schwierig.

Schon im März hatte Wagenknecht angekündigt, sich bei der nächsten Bundestagwahl nicht erneut um ein Bundestagsmandat der Linkspartei zu bemühen. In den kommenden Monaten wird sie zeigen müssen, dass sie jenseits ihrer Popularität auch in der Lage ist, eine eigene Parteistruktur in allen Bundesländern auf die Beine zu stellen.