Migration

CSU-Politiker Ramsauer verglich Flüchtlinge mit Ungeziefer – Zitat verschwindet aus Interview

In einem Interview zitiert der CSU-Abgeordnete den ehemaligen chinesischen Machthaber Deng Xiaoping. Andere Politiker sind empört. Nun verteidigt sich Ramsauer.

Der frühere Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (Archivbild)
Der frühere Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (Archivbild)Christian Ditsch/Imago

Mit einer Aussage über Flüchtlinge hat der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Ramsauer für Empörung gesorgt. Angesprochen auf geplante Änderungen im Fachkräfteeinwanderungsgesetz der Bundesregierung, sagte Ramsauer zunächst, dass man die Zahl der Fachkräfte, die man derzeit im Land bräuchte, mit der aktuellen Geburtenrate nicht erreichen könne.

Dann zitierte er den früheren chinesischen Machthaber Deng Xiaoping: „Deng Xiaoping hat einmal gesagt: ‚Wenn man die Fenster zu weit aufmacht, kommt auch viel Ungeziefer mit rein.‘ Das heißt übertragen auf die Einwanderungsproblematik, dass wir aufpassen müssen, dass wir neben den Fachkräften nicht auch x-beliebige Wirtschaftsflüchtlinge mit ins Land holen.“

Das Interview, in dem Ramsauer also zumindest indirekt Flüchtlinge mit Ungeziefer verglich, wurde auf der rechten Internetseite Epoch Times veröffentlicht. Dort heißt es, dass es sich um einen „Nachdruck mit freundlicher Genehmigung des Onlinemagazins Mittelstand digital“ handle. Auffällig ist, dass das angebliche Zitat von Deng Xiaoping in einem PDF der Mittelstand-digital-Ausgabe nicht zu finden ist. Das Magazin reagierte bislang nicht auf eine Anfrage der Berliner Zeitung.

Anders als der CSU-Politiker, der sich nun zur Kritik an seiner Aussage äußerte. „Ich habe dem Medium Epoch Times niemals ein Interview gegeben. Ich kannte dieses Medium bislang überhaupt nicht. Vielmehr handelt es sich um ein Interview mit dem Onlinemagazin Mittelstand digital, Organ des Bundes der Selbstständigen, LV NRW und der Bundesvereinigung mittelständischer Unternehmer e.V.“

Weiterhin bestreitet Ramsauer zwar nicht, dass er Deng Xiaoping zitiert habe – allerdings sei die Passage nicht von ihm freigegeben worden. „Das Zitat von Deng Xiaoping ist im Gespräch über die Mängel des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes gefallen und war nicht zur Veröffentlichung gedacht“, sagte Ramsauer. „Es ist inzwischen aus dem Interview entfernt worden.“ Der CSU-Politiker betonte: „Ich würde auch niemals einen solchen entwürdigenden Vergleich mit zugewanderten Fachkräften oder Migranten machen.“

Darauf, dass Ramsauer Wirtschaftsflüchtlinge zumindest indirekt mit Ungeziefer gleichsetzte, hatten andere Politiker mit Protest reagiert. „Wer Geflüchtete mit Ungeziefer vergleicht, spricht ihnen das Menschsein ab. Ungeziefer wird bekämpft und vernichtet“, sagte der stellvertretende Parteichef der Linken, Lorenz Gösta Beutin. „Wenn Ramsauer Geflüchtete mit Ungeziefer vergleicht, schwingt die Geschichte des Holocaust mit, die Entmenschlichung, die der Vernichtung vorausging. Das ist lupenreine Volksverhetzung.“

Der Linke-Politiker forderte Ramsauer auf, das Bundestagsmandat abzugeben. Andernfalls müsse Unionsfraktionschef Friedrich Merz eingreifen und den CSU-Abgeordneten aus der Fraktion ausschließen. Zuvor hatte bereits der Grünen-Politiker und Vizefraktionschef seiner Partei im Berliner Bezirk Steglitz-Zehlendorf, Daniel Eliasson, eine Anzeige gegen Ramsauer angekündigt. Auch er bezeichnete die Aussagen des CSU-Politikers als Volksverhetzung.

Auch bei der Schwesterpartei CDU stießen die Worte des früheren Bundesverkehrsministers Ramsauer zumindest vereinzelt auf Unverständnis. „Wenn ich dieser entmenschlichenden Aussage von Ramsauer zur Flüchtlingspolitik scharf widerspreche, verstoße ich dann gegen Ihren Appell zur Geschlossenheit, Carsten Linnemann?“, schrieb der ehemalige CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz auf Twitter an den heutigen Generalsekretär Carsten Linnemann.