Berliner CDU-Politiker

Nach dem Rauswurf durch Friedrich Merz: Was wird jetzt aus Mario Czaja?

Sein Aus als CDU-Generalsekretär war erwartbar. Dennoch hat Mario Czaja noch Zeit für eine wichtige Entscheidung: Wie und wo will er weiter Politik machen?

Mario Czaja
Mario CzajaBenjamin Pritzkuleit

Man musste kein intimer Kenner der Bundespolitik sein, um zu wissen, mindestens aber zu ahnen: Das wird nicht lange gutgehen. Es ging dann 20 Monate lang – wenn vielleicht auch nicht immer gut –, bis Mario Czaja seinen Posten als Generalsekretär der CDU verlor, weil Parteichef Friedrich Merz ihn feuerte.

Es ist nicht ganz klar, wann Merz dämmerte, dass Czaja womöglich nicht die richtige Person auf dieser Position ist. Es ist schon viel gemutmaßt worden, wie Merz Ende 2021 bloß auf Czaja gekommen war. Es war wohl vor allem dessen sensationeller Sieg in Marzahn-Hellersdorf bei der Bundestagswahl 2021, als er als erster Christdemokrat überhaupt den Wahlkreis im Berliner Osten holte.

Merz mag das Bild eines Volkstribunen vor Augen gehabt haben, der den dort scheinbar unbesiegbaren Linken den Plattenbaubezirk entriss und auch die AfD nicht zum Zuge kommen ließ. Das ist ein Bild von Mario Czaja, das falscher kaum sein könnte. Czaja ist kein Tribun, sondern seit Jahrzehnten ein fleißiger und geschätzter Kommunalpolitiker, der seinen Wahlkreis bis ins Detail kennt. Er ist von dort, aus Mahlsdorf, einem früheren Dorf, das zusammen mit den benachbarten Kaulsdorf und Biesdorf Deutschlands größtes zusammenhängendes Gebiet mit Ein- und Mehrfamilienhäusern bildet. So steht’s in Wikipedia. Das war nie eine Linke-Hochburg. Ob Merz das wusste?

Was Merz natürlich wusste, ist, dass Mario Czaja ein politischer Neuling in der Bundespolitik und frisch in den Bundestag gewählt worden war. Und er hätte wissen können, dass sein neuer Generalsekretär deshalb kein großes Netzwerk innerhalb der Partei haben würde. 

Der Überraschungscoup verpuffte rasch. Die Idee der beiden Außenseiter, die einander stärken und befeuern, ging nicht auf. Außenseiter sind beide: der Wirtschaftspolitiker Friedrich Merz, der mehrere Anläufe brauchte, um Angela Merkel zu beerben. Und der frühere Sozialsenator, einst das größte Talent der Bürgerlichen in der Berliner CDU und heutige Gesundheitspolitiker Mario Czaja, der überall jenseits von Marzahn-Hellersdorf fast in Vergessenheit geraten wäre, wenn er sich während Corona nicht als Präsident des Landesverbands des Deutschen Roten Kreuzes einen Namen gemacht hätte.

So viel zu den Fehleinschätzungen des Friedrich Merz. Und was ist mit Mario Czaja? Hätte er nicht wissen müssen, dass er nicht das Zeug zum Generalsekretär hat? Zur Beschreibung von dessen Schlüsselqualifikationen gehört die Lust an der Zuspitzung, der Attacke, der wortgewaltigen Angriffe auf die politischen Mitbewerber.

Mario Czaja wägt jedes Wort ab – in Talkshows ist das hinderlich

Wer Czaja auch nur ein wenig kennt, sah ihm an, dass er sich in Fernseh-Talkshows nie wirklich wohlgefühlt hat. Dabei müssen Generalsekretäre diese Bühne nutzen. Für ihre Partei und für sich. Kevin Kühnert von der SPD ist dafür ein Beispiel.

Mario Czaja dagegen ist ein Mann der leisen Töne. Er wägt die Worte ab, ist analytisch, wo andere forsch nach vorne preschen, hinein in die Schlagzeilen. Czajas Nachfolger Carsten Linnemann kommen solche Gelegenheiten jedenfalls viel eher gelegen. Er formuliert gerne scharf. Und er scheut sich nicht vor Übertreibungen, vor allem, solange sie die anderen Diskutanten und deren Parteien schlecht aussehen lassen.

Es gibt Beobachter, die das als weitere Spielart der Ost-West-Gegensätze lesen: hier der eher zurückhaltende Ost-Berliner, dort der polterige Westfale. Egal ob das stimmt, es würde gut in Mario Czajas Erzählung über sein eigenes Standing in der Berliner CDU passen.

Dort, in der West-Welt des Kai Wegner (Partei- und Regierungschef), Stefan Evers (Vize-Regierungschef) und Dirk Stettner (Fraktionschef), hat Czaja schon seit Jahren keine Chance mehr. Das wurde noch nie so deutlich wie bei der Listenaufstellung für die 2021er-Bundestagswahl. Czaja wurde auf einen Platz abgeschoben, der nicht zum Sprung ins Parlament reichen konnte. Dafür musste er seinen Wahlkreis direkt gewinnen. Dass er ihn gewann, und das fast ohne die Partei, verstärkte noch den Eindruck eines Ich-bezogenen Solospielers. Das ist kurioserweise auch das Image von Friedrich Merz.

Der Aufstieg der Berliner CDU im Osten ist und bleibt Czajas Verdienst

Seit 2021 haben sich im Berliner Osten die Machtverhältnisse verschoben. Bei der Wiederholungswahl für das Abgeordnetenhaus in diesem Februar holten CDU-Politiker so viele Wahlkreise wie nie. Selbst das dortige Rathaus ist inzwischen schwarz. Das ist natürlich auch Czajas Verdienst. 

Doch was kommt jetzt? Es sind noch zwei Jahre bis zur nächsten Bundestagswahl – es ist noch Zeit genug für Mario Czaja, in sich zu gehen. Die sollte er sich unbedingt nehmen.