Bundestag

Letzte Rede im Parlament: Die Kanzlerin opfert sich ihrer Partei

Die Union ist nervös, die SPD entspannt und die Opposition sauer: Bevor das Plenum die Fluthilfe verabschiedet, gibt es erst mal drei Stunden Wahlkampf.

Das war’s erst mal: Bundeskanzlerin Angela Merkel verlässt den Bundestag.
Das war’s erst mal: Bundeskanzlerin Angela Merkel verlässt den Bundestag.AFP/John Macdougall

Berlin-Bevor der Bundestag in seiner Sondersitzung am Dienstag die Milliardenhilfe für die Flutregionen verabschiedete, war zunächst eine sogenannte vereinbarte Debatte angesetzt. Oder anders ausgedrückt: Bevor das Parlament seiner Arbeit nachging, verwandelte es sich erst einmal in eine Wahlarena.

Drei Stunden waren angesetzt, um über die Situation in Deutschland zu sprechen. Grüne und FDP hätten gerne noch einmal die Lage in Afghanistan erörtert, die – auch mit deutschem Zutun – um einiges katastrophaler ist als hierzulande. Der entsprechende Geschäftsordnungsantrag zur Erweiterung der Tagesordnung wurde allerdings mit den Stimmen der Union und der SPD abgelehnt. Die große Koalition befand, dass man darüber bereits genug diskutiert hatte.

Auch ein Antrag darüber, dass in den zuständigen Ministerien nun keine Daten vernichtet werden, die mit dem Afghanistan-Einsatz in Verbindung stehen, wurde nicht zugelassen. Während Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) ihre Bereitschaft dazu bereits erklärt hat, ist man im Auswärtigen Amt deutlich zurückhaltender in Sachen Aufklärung. Ein beantragtes Löschmoratorium war bereits im Auswärtigen Ausschuss an den Stimmen der großen Koalition gescheitert. Von Außenminister Heiko Maas (SPD) ist in dieser Hinsicht auch kein Entgegenkommen bekannt, was bei der Opposition auf besondere Erbitterung stieß.

Dann begann der Wahlkampf im Hohen Haus auch offiziell. Bundeskanzlerin Angela Merkel nutzte ihre Redezeit für einen Angriff gegen ein Regierungsbündnis, das die Linke mit einbeziehen könnte, geißelte Olaf Scholz’ Wortwahl, weil er die Impfwilligen in einem Witz als „Versuchskaninchen“ bezeichnet hatte, und erwähnte ganz kurz auch den Kanzlerkandidaten der Union, der die nächste Regierung bilden werde. Weil sie ihre mutmaßlich letzte Rede dem Wahlkampf der Partei unterordnete, wurde sie mit stehenden Ovationen seitens der Unionsabgeordneten bedacht.

Diese standen später auch nach der Rede von Armin Laschet noch mal mit Beifall auf. Er hatte sich für 16 gute Jahre unter der Kanzlerin bedankt und ansonsten einmal mehr darauf verwiesen, dass Netflix 2005 noch DVDs per Post verschickte und sich die Welt seitdem verändert habe. Im Übrigen seien die Faxgeräte in den Gesundheitsämtern Länderaufgabe, könnten also nicht der Bundesregierung angekreidet werden.

Die Zerstörung der CDU

Von Christine Dankbar

22.08.2021

Olaf Scholz wiederum zeigte sich in seiner Rede derart tiefenentspannt, dass man mindestens Merkelsche Langweiligkeitsausmaße erwarten muss, wenn er wirklich Kanzler werden sollte. Er hebt mittlerweile noch nicht einmal mehr die Stimme, wenn er Sätze sagt wie: „Ich bin sehr aufgeregt und empört.“

FDP und Grünen blieb es überlassen, den Politikwechsel einzufordern. Christian Lindner verwies darauf, dass Kontinuität das größte Risiko für unser Land wäre. Annalena Baerbock machte klar, dass die Fluthilfen, die später noch verabschiedet werden sollten, die Folgen des Klimawandels lindern könnten – nicht aber die Ursachen. Der Bundestag wird nun erst wieder nach der Bundestagswahl zusammentreten.