Kommentar

Konkurrenz im Norden: Was die Schleswig-Holstein-Wahl mit sich bringt

Am Sonntag wählen die nördlichsten Norddeutschen. Ministerpräsident Daniel Günther schickt sich an, sein Amt zu verteidigen. Und nicht nur das.

Wirkt immer ein bisschen jungenhaft: Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther.
Wirkt immer ein bisschen jungenhaft: Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther.dpa/Frank Molter

Schleswig-Holstein – das Land zwischen Nord- und Ostsee, ist wohl eins der unspektakulärsten Bundesländer dieser Republik. Das mag zum einen daran liegen, dass man im Rest der Republik einfach nicht sehr viel weiß über „den echten Norden“, wie sich das Land selbst nennt. Nun wird allerdings gewählt am Sonntag im echten Norden. Und das macht natürlich einen Unterschied. Außerdem lässt sich durchaus einiges lernen dort.

Zum Beispiel, wie man nicht nur geräuschlos, sondern sogar sehr erfolgreich regiert und das auch noch mit einer Jamaika-Koalition. Die CDU steht mit Ministerpräsident Daniel Günther an der Spitze, an seiner Seite die Grünen und die FDP. Das ist nun aber gerade jene Kombination von Parteien in einer Regierung, die als besonders fragil gilt. Im Bund ist Jamaika sogar schon mal gescheitert, weil eine der beiden kleineren Parteien, nämlich die FDP sich in Sondierungsgesprächen mit ihrem Profil nicht ausreichend berücksichtigt fand.

In Schleswig-Holstein funktioniert diese Koalition allerdings derart gut, dass Daniel Günther sie gern behalten möchte. Er hat auch allen Grund dazu. Günthers Zustimmungswerte in der Bevölkerung sind die höchsten aller Ministerpräsidenten Deutschlands. Er ist beliebt und volksnah. Es gibt keinerlei Wechselstimmung. Günthers Bilanzen sind ordentlich und mit Corona kam sein Land dank rigider Maßnahmen gut klar, weshalb er auch immer mal wieder in der Runde der Ministerpräsidenten den Ton setzen konnte. Ohne Günther scheint im Norden überhaupt nichts mehr zu gehen. Nicht überraschend setzt er deshalb auf ein Weiter-so.

Und auch das Volk möchte laut Umfragen Jamaika gern behalten. Nun ist es allerdings nicht so einfach, Jamaika herbeizuwählen – schon gar nicht, wenn einer, wie in diesem Fall die CDU, derart weit vorn liegt. Umfragen sehen die CDU bei 36 bis 38 Prozent, die SPD bei 19 bis 20, die Grünen bei 16 bis 17 und die FDP bei 7 bis 9 Prozent. Die beiden Kleineren haben es deshalb jetzt ein bisschen mit der Angst bekommen.

Das bringt die grüne Spitzenkandidatin Monika Heinold, Günthers bisherige Stellvertreterin und langjährige Finanzministerin dazu, nun selbst regieren zu wollen. Sie will das Energiewendeland mit viel Sonne und Wind, aus dem auch Klimaschutzminister Robert Habeck kommt, mit noch mehr Solartechnik und Windkraft zum Motor der ganzen Republik machen. Eine Stimme für Günther sei eine Stimme für die CDU, betont sie und mit Schwarz-Gelb habe man in Schleswig-Holstein ja schon einmal schlechte Erfahrungen gemacht.

Die FDP hat ebenfalls Angst, unter den Tisch zu fallen. Weshalb man hier signalisiert, nicht mehr mitzuspielen bei der großen Jamaika-Harmonie, sollte es für Schwarz-Grün reichen. Drittes Rad am Wagen will die FDP nicht sein. Da hört man denselben Ton wie bei den gescheiterten Jamaika-Sondierungen 2017 im Bund.

Aber es könnte auch alles ganz anders kommen. Denn Schleswig-Holstein ist berühmt für ungewöhnliche Kombinationen und für die SPD tritt auch noch ein Überraschungskandidat an: Thomas Losse-Müller, ehemals Weltbank-Manager und früher Mitglied der Grünen. Er legte im Wahlkampf ordentlich zu und könnte unter Zuhilfenahme der Minderheitenvertretung des Südschleswigschen Wählerverbands sogar eine Koalition ohne Günther und seine CDU möglich machen.

Wahrscheinlicher ist allerdings etwas anderes. Daniel Günther könnte derart gestärkt aus dieser Wahl hervorgehen, dass er eine ernst zu nehmende Konkurrenz für den CDU-Chef Friedrich Merz wird. Dass zwischen den beiden etwas ganz gewaltig nicht stimmt, war bereits am Wahlkampf abzulesen. Die drei Wochen vor der Schleswig-Holstein-Wahl verbrachte Friedrich Merz weitgehend in Nordrhein-Westfalen, wo erst in der kommenden Woche gewählt wird – drei Wochen, gespickt mit Wahlkampfterminen. Im Norden schlug er nur ein einziges Mal auf.

Die Frage ist auch, wer hier wen braucht. Daniel Günther jedenfalls lobte Merz kürzlich schon mal, in seiner neuen Rolle als Vorsitzender habe Merz „in den ersten Monaten schon viel angepackt“. Und aus Berlin verspüre er „keinen Gegenwind, und das ist für den Wahlkampf schon mal gut“, sagte er. Wenigstens nichts falsch gemacht, Herr Merz, das ist nicht nur gönnerhaft. Es dürfte also wieder interessanter werden künftig in der CDU, sollte Daniel Günther die Wahl in seinem Bundesland wie vorausgesagt locker gewinnen.