Olaf Scholz hatte am Sonntag einen erfreulichen Termin. Er besuchte Paris, um gemeinsam mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron den 60. Jahrestag des Élysée-Vertrags zu feiern. Der Bundeskanzler reiste fast mit seinem gesamten Kabinett an.
Während Scholz in Frankreich die Beziehungen pflegte, brodelte es in Deutschland. Es geht um Panzer für die Ukraine, darum, ob diese nun geliefert werden sollen oder nicht. Bei der Ramstein-Konferenz vergangene Woche war eine Entscheidung trotz dringlicher Bitten der Ukraine ausgeblieben. Auch der Bundeskanzler bremste, weil er gemeinsam mit den EU-Staaten abwarten möchte, bis auch die Amerikaner fest im Boot sitzen und ebenfalls Panzer liefern.
Der Ukraine-Kurs der SPD: Abwarten und abwägen
Abwarten und abwägen ist die SPD-Linie, seitdem die Russen im vergangenen Februar die Ukraine überfielen. Doch das kann mitunter lähmend wirken. Natürlich sollte eine Eskalation des Krieges verhindert werden. Und natürlich besteht die Gefahr, dass etwa auf die Lieferung von Kampfpanzern gleich Forderungen nach Truppen oder Kampffliegern folgen, die den Krieg ausufern lassen.
Viele in der Partei scheinen sich allerdings nach dem Jahr 2002 zurückzusehnen, als Gerhard Schröder dem Drängen von US-Präsident George W. Bush nicht nachgab, sich an einem Krieg gegen den Irak zu beteiligen. Damals reichte ein Nein. Heute sieht es anders aus. Von Deutschland wird erwartet, gemeinsam mit Frankreich Zugpferd gegen den Krieg in der Ukraine zu sein. Doch dafür muss Scholz sich bewegen, wenigstens Signale senden. Oder seinen Kurs plausibel erklären. Lavieren jedenfalls bringt nichts.
Von Lambrecht zu Pistorius: Glücklose Verteidigungspolitik
Seit die Ampel an der Regierung ist, gibt es den Streit um die eher zögernde Politik des Kanzlers und der SPD. Hinzu kommt eine glücklose Verteidigungspolitik, auch von der SPD besetzt. Christine Lambrecht räumte gerade den Platz als Verteidigungsministerin, Boris Pistorius hat übernommen und muss sich gleich mit der Peinlichkeit auseinandersetzen, dass es bislang wohl keine oder aber eine geheim gehaltene Bestandsaufnahme der Kampfpanzer gegeben hat.
Es ist nicht der erste Fehler, den die Opposition ausschlachtet. Inzwischen sind es aber Mitstreiter aus den eigenen Ampelreihen, die den Kurs der SPD offen kritisieren, und das ist selten vorgekommen. Anton Hofreiter von den Grünen ist der eine, Marie-Agnes Strack-Zimmermann von der FDP, zugleich Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, die andere.
Strack-Zimmermann lieferte sich gerade mit SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich einen heftigen öffentlichen Schlagabtausch mit gegenseitigen Schuldzuweisungen. Sie bezeichnete Mützenich auf Twitter als „das Sinnbild aller zentralen Verfehlungen deutscher Außenpolitik“. Auch Hofreiter beklagte, dass bei dem Treffen in Ramstein die Unterstützerländer keine Lieferungen der Kampfpanzer beschlossen hatten, auf die Kiew seit Monaten drängt.






