Europa

Aufbau eines „unabhängigen Europas“: Von der Leyen nennt vier Aufgaben

Bei der Verleihung des Karlspreises in Aachen findet Kommissionspräsidentin von der Leyen deutliche Worte. Auch Kanzler Merz betont die Wichtigkeit eines starken Europas.

Ursula von der Leyen bei der Verleihung des Internationalen Karlspreis 2025 in Aachen
Ursula von der Leyen bei der Verleihung des Internationalen Karlspreis 2025 in Aachenimago

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat angesichts der Krisen in der Welt zum Aufbau eines „unabhängigen Europas“ aufgerufen. Es sei „an der Zeit, dass Europa erneut aufsteht und das nächste, große europäische Projekt verwirklicht“, sagte von der Leyen am Donnerstag in ihrer Dankesrede zur Verleihung des Internationalen Karlspreises in Aachen. „Die nächste große Ära, unser nächstes großes, einendes Projekt muss von einem unabhängigen Europa handeln.“

Die geopolitischen Spannungen seien „gewaltig“, sagte von der Leyen. „Was wir einst als internationale Ordnung für selbstverständlich hielten, hat sich innerhalb kürzester Zeit in internationale Unordnung verwandelt.“ Die Welt sei „erneut geprägt von imperialem Machtstreben und imperialen Kriegen“.

Von der Leyen: „Die Geschichte verzeiht weder Zögern und Zaudern“

Europa stehe daher „vor einer grundlegenden Entscheidung“ - abzuwarten und „nur auf die unmittelbare Krise“ zu reagieren, „unser vermeintliches Schicksal“ zu akzeptieren oder „die Dinge selbst in die Hand“ zu nehmen und „selbst über unsere Zukunft“ zu entscheiden, sagte von der Leyen.

„Noch in dieser Dekade“ werde sich „eine neue internationale Ordnung herausschälen“. Wenn Europa die Konsequenzen nicht einfach hinnehmen wolle, „dann müssen wir diese neue Ordnung gestalten“, sagte von der Leyen. „Die Geschichte verzeiht weder Zögern und Zaudern - unser Auftrag heißt europäische Unabhängigkeit.“

Von der Leyen benannte in diesem Zusammenhang vier große Aufgaben - die Verteidigungs- und die Wettbewerbsfähigkeit, die „nächste historische Wiedervereinigung“ Europas durch die Erweiterung der Europäischen Union um beitrittswillige Staaten wie die Ukraine, Moldau oder Länder des Westbalkans sowie die Stärkung der Demokratie.

Merz: „Transatlantische Allianz als Ganzes stärken“

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) betonte eine engere europäische Zusammenarbeit der Verteidigungsindustrien in Europa. Daran sollten neben den Ländern der EU auch Nato-Mitglieder wie Großbritannien und Norwegen beteiligt werden, sagte Merz an von der Leyen gewandt.

„Wir Deutschen sind bereit, beim Nato-Gipfel im Juni weitreichende Beschlüsse zu fassen. Beschlüsse, die Europas Verantwortung für die eigene Sicherheit gerecht werden und die transatlantische Allianz als Ganzes stärken.“ Mit dem russischen Angriff auf die Ukraine sei der Krieg nach Europa zurückgekehrt. Das Friedensprojekt Europa müsse deshalb weiterentwickelt werden, forderte der Bundeskanzler.

Merz zufolge sei es notwendig, „Europa so stark zu machen, dass es den Frieden auf unserem Kontinent wiederherstellen und die Freiheit auf Dauer sichern kann“. Deutschland stehe bereit, bei dieser Aufgabe „mit aller Entschlossenheit voranzugehen“. Man werde weiter mit aller Kraft, die Ukraine unterstützen - militärisch, politisch und wirtschaftlich. Freiheit und Demokratie seien „es wert, dass wir entschlossen für sie einstehen und wenn notwendig für ihren Erhalt kämpfen“.