Kommentar

Ukraine-Krieg: Während Trump das Interesse an Frieden verliert, zeigt sich das Dilemma der EU

Der Ukraine-Krieg ist in eine neue Phase getreten: Putin zeigt weiter Härte und führt Trump an der Nase herum. Die EU ist strategielos. Ein Kommentar.

US-Präsident Donald Trump
US-Präsident Donald TrumpIMAGO/Eric Lee

„Russland zeigt der Welt den Mittelfinger“ – mit diesen Worten reagierte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj auf das jüngste Telefonat zwischen Donald Trump und Wladimir Putin. Während der russische Präsident Gegenschläge als Antwort auf die ukrainischen Drohnenangriffe ankündigt und sich zugleich als Gesprächspartner der USA mit Blick auf Iran-Gespräche inszeniert, wächst in Kyjiw die Frustration über die anhaltende Zurückhaltung und die Unentschlossenheit westlicher Partner.

„Viele haben mit Russland gesprochen – auf verschiedenen Ebenen. Kein einziges dieser Gespräche hat zu einem nachhaltigen Frieden oder auch nur zum Waffenstillstand geführt“, schrieb Selenskyj am 4. Juni 2025 auf Telegram. „Leider fühlt sich Putin ungestraft und bereitet selbst nach all den schrecklichen russischen Angriffen angeblich noch weitere ‚Reaktionen‘ vor. Das bedeutet, dass Russland mit jedem neuen Schlag, mit jedem neuen Aufschub der Diplomatie der ganzen Welt den Mittelfinger zeigt. Allen, die den Druck auf Russland nicht verstärken wollen. Dabei ist es Russland, das den Frieden suchen muss. Dort in Moskau müssen sie spüren, dass Krieg seinen Preis hat – einen hohen Preis, und zwar am höchsten für den Aggressor.“

Und weiter: „Wenn die Welt schwach auf Putins Drohungen reagiert, nimmt er das als Bereitschaft der Welt, die Augen vor seinen Handlungen zu verschließen. Wenn er keine Stärke und keinen Druck spürt, sondern Schwäche, begeht er immer neue Verbrechen. Er wertet eine solche Haltung als stillschweigende Zustimmung – Zustimmung zu neuen Gräueltaten, neuen Schlägen, neuen Morden.“

Diese Worte sind nicht bloße Empörung, sondern eine bittere Diagnose der globalen Ohnmacht. Während in Istanbul diplomatische Kulissenpflege betrieben wird, verlagert sich der Krieg auf eine neue Ebene – geprägt von gezielten Schlägen, strategischer Symbolik und einer zunehmend rücksichtsloser werdenden Rhetorik. Und inmitten dieser Dynamik zeigt sich: Die Positionen verhärten sich, die Gespräche verlieren an Substanz, und die vermeintlichen Vermittler – allen voran Donald Trump – steuern auf außenpolitisches Leerlaufmanöver zu.

Berliner Zeitung

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