Wie kann Frieden zwischen Israel und Palästina erreicht werden? Hat die Zwei-Staaten-Lösung noch eine Chance? Und welche Rolle sollte die Bundesregierung im Nahen Osten spielen? Christoph Heusgen spricht im Interview mit der Berliner Zeitung so offen wie selten zuvor über den Krieg in Gaza und Deutschlands Rolle darin. Der Topdiplomat, der Angela Merkel beriet, als sie Israels Sicherheit zur Staatsräson erklärte, erläutert, warum die Lage in der palästinensischen Enklave für Deutschland juristische Konsequenzen haben könnte – und weshalb er die Anerkennung eines palästinensischen Staates durch Deutschland bei der UN-Vollversammlung Ende September für überfällig hält. Ein Gespräch über Verantwortung, Völkerrecht und Deutschlands Ansehen in der Welt.

Herr Heusgen, Sie haben kürzlich gefordert, dass Deutschland Palästina als Staat anerkenne. Warum halten Sie das für einen nötigen Schritt? Wenn unser Nachbar Frankreich, mit dem wir außenpolitisch auf einer Linie sein wollen, sowie unser enger Partner Großbritannien und zuletzt Belgien die Absicht bekunden, Palästina anzuerkennen, dann sollte auch Deutschland sich mit dieser Frage befassen. Inzwischen haben mehr als drei Viertel der Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen Palästina anerkannt. Die derzeitige Position Deutschlands ist, dass eine Entscheidung erst am Ende eines Friedensprozesses getroffen werden soll. Meiner Meinung nach sollten wir diese Position überdenken. Alle Bemühungen, eine Verhandlungslösung für Gaza zu finden, sind in letzter Zeit gescheitert. Gleichzeitig stellt die israelische Regierung unmissverständlich klar, dass sie entgegen dem Völkerrecht keinen palästinensischen Staat will. In dieser Situation sollte die Bundesregierung, die eine große Verantwortung trägt, gemeinsam mit ihren Verbündeten den Schritt gehen und <a href="https://www.berliner-zeitung.de/topics/palaestina">Palästina</a> anerkennen.

Christoph Heusgen (70) ist ein deutscher Diplomat. Von 2005 bis 2017 war er außen- und sicherheitspolitischer Berater von Bundeskanzlerin Angela Merkel, anschließend bis 2021 Ständiger Vertreter Deutschlands bei den Vereinten Nationen in New York. Von 2022 bis 2025 leitete er die Münchner Sicherheitskonferenz.

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