Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will mit einem Gesetzentwurf den Familien- und Geschwisternachzug von Flüchtlingen erleichtern: Dies berichtete die WELT AM SONNTAG in einem Online-Artikel am Freitagmorgen. Eine brisante Meldung angesichts der angespannten Migrationslage und überforderter Kommunen. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion nahm die Meldung zu Anlass, um das vermeintliche Vorhaben der Innenministerin während der Bundestagsdebatte zum Migrations-„Deutschlandpakt“ scharf zu kritisieren.
Der Haken: Der Gesetzentwurf aus der Migrationsabteilung des Bundesinnenministeriums (BMI) ist offenbar ein Jahr alt – und wird derzeit von der Bundesregierung nicht weiterverfolgt. So stellt es zumindest ein Ministeriumssprecher gegenüber der Berliner Zeitung dar. Auf Anfrage teilt er ferner mit, die im damaligen Arbeitsentwurf vorgesehenen restriktiven Regelungen zur Begrenzung irregulärer Migration – „wie die Verlängerung der Höchstdauer des Ausreisegewahrsams von 10 auf 28 Tage“ – seien jetzt in den vom BMI vorgelegten Vorschlägen für effektivere Rückführungen enthalten.
Sprecher des Innenministeriums: Familiennachzug hat aktuell keine Priorität
Der Sprecher weiter: „Erleichterungen beim Familiennachzug haben aktuell angesichts der angespannten Unterbringungssituation in den Kommunen keine Priorität.“ Absolute Priorität für das Handeln der Bundesregierung und von Bundesinnenministerin Faeser sei derzeit „die Steuerung, Ordnung und Begrenzung der irregulären Migration, insbesondere durch wirksame europäische Lösungen.“
Schon während der Bundestagsdebatte heute Vormittag war es zu Irritationen zwischen der Unionsfraktion und der Bundesinnenministerin gekommen. Auf eine Kurzintervention des CDU-Abgeordneten Christoph de Vries antwortete Faeser: „Nein, ich habe nicht vor, im Moment den Familiennachzug vorzulegen.“
In dem angeblich ein Jahr alten Gesetzentwurf waren dem Bericht der WELT AM SONNTAG zufolge neben einer Erleichterung des Familiennachzugs ein erleichterter Zugang für Flüchtlinge und Geduldete zum Arbeitsmarkt, die Einführung eidesstattlicher Versicherungen als letztes Mittel für Identitätsfeststellungen, eine härtere Ahndung von Verstößen gegen Einreise- und Aufenthaltsverbote sowie eine Verlängerung des Ausreisegewahrsams geplant. Jedoch ist der Entwurf offenbar seither nicht weiterverfolgt worden.
Thorsten Frei (CDU): „Faeser zieht die Notbremse“
Thorsten Frei, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion, überzeugt das Dementi aus dem Innenministerium nicht. „Frau Faeser zieht die Notbremse und stoppt fürs erste die Pläne ihres Ministeriums für einen erleichterten Familiennachzug für Flüchtlinge. Der Entwurf ihres Hauses hätte die Städte und Gemeinden in unserem Land geradezu verhöhnt“, sagte Frei der Berliner Zeitung.

