Immobilienmarkt Berlin

Fraktionschef der Linken in Berlin: „Wir brauchen mehr Regulierung“

Ein halbes Jahr nach dem Abschluss des Mieten-Bündnisses mit der Wohnungswirtschaft zieht Carsten Schatz, Chef der Linksfraktion, Bilanz.

In Berlin entstehen durchaus neue Wohnungen, aber für viele Haushalte sind sie nicht zu bezahlen.
In Berlin entstehen durchaus neue Wohnungen, aber für viele Haushalte sind sie nicht zu bezahlen.Gerd Engelsmann

Ein halbes Jahr nach Abschluss des Bündnisses für Wohnungsneubau und bezahlbare Mieten wollen sich die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey und Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (beide SPD) an diesem Mittwoch zu „aktuellen Entwicklungen im Bereich Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen“ äußern. Der Fraktionschef der Linken, Carsten Schatz, Koalitionspartner in der rot-grün-roten Regierung, zieht bereits einen Tag zuvor im Gespräch mit der Berliner Zeitung Bilanz.

„Das Fazit, das wir ziehen müssen, lautet, dass bisher keine messbaren Ergebnisse festzustellen sind“, sagt Schatz. „Wenn wir im Parlamentsalltag danach fragen, was der Senat zum Stand der Selbstverpflichtung der großen privaten Wohnungsunternehmen weiß, dann erfahren wir nichts.“ Denn der Senat wisse dazu nichts. „Er verlässt sich darauf, dass die Unternehmen die Zusagen einhalten“, sagt Schatz.

Hintergrund: Die großen privaten Wohnungsunternehmen haben sich im Bündnis unter anderem dazu verpflichtet, 30 Prozent der Wohnungen bei der Wiedervermietung an Haushalte zu vergeben, die Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein (WBS) haben. Zugleich sagten die Bündnispartner zu, keine Mieterhöhungen vorzunehmen, die bei WBS-berechtigten Haushalten zu Belastungen von mehr als 30 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens führen. Der Senat sicherte den Unternehmen im Gegenzug unter anderem schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren für den Neubau zu.

Sozialwohnungen werden kaum von Privaten errichtet

„Wenn ich mir aktuell die Mietentwicklung in Berlin ansehe, wonach die Mieten auf dem freien Wohnungsmarkt innerhalb eines Jahres um rund acht Prozent gestiegen sind, dann wird das angestrebte Ziel deutlich verfehlt“, sagt der Fraktionschef der Linken. Der Mietanstieg habe sich also nicht über freiwillige Zusagen begrenzen lassen, wie bei der Unterzeichnung des Bündnisses in Aussicht gestellt wurde.

Ähnlich sehe es bei den Wohnungsbauzahlen aus. „Wenn ich mir nur mal das Bauen im geförderten Bereich angucke, dann haben wir über den Daumen gepeilt ungefähr 1100 Sozialwohnungen, die in diesem Jahr gebaut worden sind, der Großteil davon von den landeseigenen Unternehmen, nur 66 von den privaten“, sagt Schatz. „Das ist deutlich zu wenig und bleibt insgesamt hinter den Erwartungen zurück.“

„Es gilt zu konstatieren, dass kaum mehr gebaut wird“, sagt Schatz. Das hänge zum einen mit dem Krieg in der Ukraine zusammen, aber auch mit den gestiegenen Zinsen, die die Finanzierungsbedingungen verändert haben. „Viele Unternehmen sagen, sie können nicht mehr bauen“, so Schatz. „Darauf könnte man nun antworten mit einem System der Wohnungsbauförderung, das aus teuren Neubauten mit hohem finanziellem Aufwand preisgünstige Wohnungen macht“, so der Fraktionschef der Linken. „Das hatten wir aber schon mal in Berlin und wäre faktisch eine Gelddruckmaschine für die private Bauwirtschaft und mit horrenden Kosten für das Land Berlin verbunden.“ Das komme für die Linke nicht infrage.

„Wir werden im Januar einen Vorschlag machen, den Bau von mietpreis- und belegungsgebundenen Wohnungen bei den landeseigenen Wohnungsunternehmen zu bündeln und sie finanziell dafür auszustatten“, kündigt Schatz an. „Denn eins ist klar: Wir brauchen den Neubau von Wohnungen.“ Es müssten allerdings die richtigen sein. „Wir müssen bezahlbare und belegungsgebundene Wohnungen bauen.“ Ziel der Linken sei es, 75.000 Sozialwohnungen in zehn Jahren zu bauen.

Forderungen nach mehr Mieterschutz durch die Ampelkoalition

„Wir haben im Juni unter Bauchgrummeln das Bündnis mit der Wohnungswirtschaft mit an den Start gebracht“, sagt Schatz. „Nach einem halben Jahr sehen wir: Der Markt regelt es nicht für uns, sondern wir brauchen mehr Regulierung.“ Die Frage eines Mietendeckels stehe für die Linke weiter auf der Tagesordnung. Hier müsse die Ampelkoalition im Bund handeln. Darüber hinaus sei aber auch die Neufassung des Vorkaufsrechts nötig, um Mieter in Milieuschutzgebieten besser zu schützen. „Das muss ebenfalls die Ampel tun“, sagt Schatz.

„Außerdem setzen wir auf die Vergesellschaftung von Wohnungen großer privater Unternehmen“, so der Chef der Linksfraktion. Der Zwischenbericht der Expertenkommission zu Fragen einer möglichen Vergesellschaftung werde zwar erst am Donnerstag vorgestellt, „aber die vorab bekannt gewordenen Schlussfolgerungen stimmen mich hoffnungsfroh“, sagt Schatz. Sie besagen unter anderem, dass das Land die Kompetenz für eine Vergesellschaftung habe. „Es sind noch Fragen offen, aber der Weg wird von den Experten positiv diskutiert“, sagt Schatz. „Wir wollen nach dem Votum der Kommission ein Gesetz zur Vergesellschaftung von Wohnungen der großen Unternehmen auf den Weg bringen“, sagt Schatz. Er rechne nicht damit, darüber im Bündnis mit der Wohnungswirtschaft verhandeln zu können. „Das wird wohl eher eine rechtliche Auseinandersetzung.“