Die Ampel steht. Das sagt der künftige SPD-Bundeskanzler Olaf Scholz am Mittwochnachmittag mit Stolz. Er sagt es aber erst, nachdem er sich mit einem anderen Thema befasst hat: der Corona-Pandemie. „Die Lage ist ernst“, sagt Scholz. „Wir müssen uns abermals zusammennehmen, damit wir durch diese vierte Welle kommen.“ Dann kündigt er gleich fünf Maßnahmen an, die die neue Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP umgehend auf den Weg bringen will. So soll es künftig einen ständigen Krisenstab aus Bund und Ländern geben, der im Bundeskanzleramt angesiedelt ist. Unterstützt wird dieser Stab durch eine Expertengruppe aus Wissenschaftlern, die täglich die Beurteilung der Corona-Lage vornimmt und an die Regierung berichtet. Auch diese Expertengruppe soll im Bundeskanzleramt angesiedelt sein. Zudem kündigt Scholz an, dass die Impfkampagne weiter verstärkt wird – inklusive einer Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen. Außerdem stellt die neue Bundesregierung eine Milliarde Euro bereit, um erneut einen Bonus an das besonders belastete Pflegepersonal auszuzahlen.
Die Botschaft ist klar. Scholz will die Führung übernehmen. Nachdem es in den vergangenen Tagen oft hieß, er ducke sich weg und scheue die Verantwortung in der Krise, will er am Donnerstag klarmachen: Das Gegenteil ist der Fall. Allerdings bleibt er die wichtigste Personalie dazu an diesem Tag schuldig. Wer demnächst Gesundheitsminister oder -ministerin wird, verrät er nicht.
Auch die anderen Ministerposten bleiben erst einmal nur Spekulationen. Es geht jetzt erst einmal um den Koalitionsvertrag, der kurz vor der Pressekonferenz im Internet zugänglich gemacht wurde. Er steht unter dem Motto: „Mehr Fortschritt wagen“ (PDF-Dokument), das der künftige SPD-Kanzler denn auch zitiert. Schließlich knüpft es an den Aufbruch des einstigen SPD-Kanzlers Willy Brandt an, der in den 1960er-Jahren des letzten Jahrhunderts „mehr Demokratie wagen“ wollte. Die Messlatte ist damit auch gelegt: Die Ampelkoalition soll eine neue Ära einleiten.
„Uns eint der Glaube an den Fortschritt, der Wille, das Land voranzubringen“, sagt Scholz dazu. „Wir wollen uns etwas zutrauen, beim Klimaschutz und der Modernisierung des Landes.“ Einmal mehr stellt er die zentrale Wahlkampfforderung der SPD vor, den Mindestlohn auf 12 Euro zu erhöhen. Dass dies umgesetzt wird, war schon nach den Sondierungsgesprächen klar. Auch die Rente werde stabil gehalten „und fortentwickelt“, versichert Scholz.
Dann spricht Robert Habeck, was den Eindruck verstärkt, dass er Vizekanzler der neuen Regierung sein wird. Eine offizielle Bestätigung dafür gibt es am Mittwoch aber ebenfalls nicht, auch nicht dafür, dass er das neue Ministerium für Wirtschaft und Klima leiten wird. Dementiert wird es aber auch nicht. Da aber alle Politiker zu den jeweiligen Ressorts sprechen, darf als bestätigt gelten, was am Vormittag bereits an Ressortzuschnitten durchgesickert war. Die Grünen bekommen Klima, Umwelt, Landwirtschaft, Familie und vermutlich das Auswärtige Amt. Die FDP übernimmt Finanzen, Verkehr, Forschung und Justiz, die SPD besetzt mit ihren Leuten den Rest.
Auch Habeck betont, dass sich während der Verhandlungen einige politische Lagen dramatisch zugespitzt hätten: „Wir werden die Regierung in einer Zeit der Krise übernehmen.“ Es sei nun wichtig, ein Dokument des Mutes zu geben. „Ein solches legen wir Ihnen heute vor“, so Habeck und meint damit den Koalitionsvertrag. Er zeige vor allem, dass die Vereinbarkeit von Wohlstand und Klimaschutz gelingen kann. Und vor allem: „Wir sind auf einem 1,5-Grad-Pfad mit diesem Koalitionsvertrag.“
Lindner, der wohl sehr sicher Finanzminister wird, betont wie seine Vorredner, dass es in den Koalitionsverhandlungen gelungen sei, Gegensätze zu überwinden. Gemeinsam sei allen Partnern, dass man den Status quo überwinden und das Land modernisieren wolle.



