Kampf gegen die Pandemie

Berlins Regierende Bürgermeisterin Giffey gewinnt die erste Machtprobe

Gerade erst sind die Corona-Maßnahmen verschärft worden – und schon gibt es Ärger im Berliner Senat.

Sprach sich erneut für die Impfpflicht aus: Franziska Giffey (SPD), Regierende Bürgermeisterin.
Sprach sich erneut für die Impfpflicht aus: Franziska Giffey (SPD), Regierende Bürgermeisterin.dpa

Berlin - Seit Dienstag gelten in Berlin die verschärften Corona-Maßnahmen. Pünktlich zum Termin sprach sich Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey erneut für eine Impfpflicht aus. So zügig wie möglich. Andere Länderkollegen – wie Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (beide SPD) – wollen erst einmal abwarten und die Entscheidung aufschieben. Gleichzeitig hat in Berlin die neue Gesundheitssenatorin bei der Frage nach einer Obergrenze bei Großveranstaltungen eine erste Machtprobe verloren.

Geht es nach der Bundesregierung, so stellte deren Vize-Sprecher Wolfgang Büchner am Montag noch einmal klar, müsse weiter geimpft und geboostert werden. Die angestrebten 30 Millionen Erst-, Zweit- und Booster-Immunisierungen seien schon erreicht, obwohl Kanzler Olaf Scholz die Umsetzung bis Jahresende angepeilt habe. Nun gelte es, weitere 30 Millionen Bürgerinnen und Bürger bis Ende Januar zu immunisieren. Das erhöhe erneut die Impfquote. Angestrebt sind 80 Prozent, etwa sechs Prozentpunkte mehr als bisher.

Lauterbach will Impfquote von 90 Prozent

Doch selbst die 80-Prozent-Marke ist vielen zu niedrig, manche fordern bis zu 90 Prozent, um alle in der Bevölkerung vor der Ausbreitung der sich aggressiv verbreitenden Omikron-Variante zu schützen. So sieht das auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), der nach wie vor Befürworter einer allgemeinen Impfpflicht ist. Die soll nun Anfang Januar im Bundestag debattiert und in freier Abstimmung ohne Fraktionsdisziplin verabschiedet werden.

Doch nicht jeder will mitziehen, auch in den eigenen Koalitionsreihen. In der FDP mehren sich die Stimmen dagegen. Inzwischen sollen es mehr als 30 sein. Prominenter Anführer gegen die Impfpflicht ist der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki. Er hatte kürzlich Befürworter einer allgemeinen Corona-Impfpflicht scharf kritisiert und ihnen Rache an Ungeimpften als Motiv unterstellt.

Im neuen Berliner Senat wird eine Impfpflicht hingegen befürwortet. An anderer Stelle jedoch gibt es den ersten kleinen Riss in der neuen rot-grün-roten Landesregierung in der Hauptstadt. Dieser Riss geht einher mit der Erkenntnis, dass die Macht einer Gesundheitssenatorin offenbar nicht mehr unumstritten ist.

Anders als Vorgängerin Dilek Kalayci (SPD), die sich im alten Senat bei vielen Verschärfungen durchsetzen konnte, hat ihre Nachfolgerin Ulrike Gote (Grüne) gleich zu Beginn ihrer Amtszeit einen Dämpfer erlitten. Dem Vernehmen nach wollte Gote eine Festlegung der Obergrenze bei Großveranstaltungen auf 200 Personen. Bekanntlich fiel die Entscheidung anders aus: Bis auf Weiteres dürfen Großveranstaltungen im Freien – vor allem Fußballspiele – vor 3000 Zuschauern stattfinden. Im Inneren liegt die Obergrenze bei 2000 Personen. Das betrifft vor allem Konzerte aber auch Hallensportarten. SPD und Linke haben sich durchgesetzt.

Giffey besucht die Charité – ohne die Gesundheitssenatorin

Jetzt wird es für den in Berlin bisher kaum vernetzten Hessen-Import Ulrike Gote darauf ankommen, keinen Frust aufkommen zu lassen. Da trifft es sich ganz gut, dass sie am Mittwoch zusammen mit Franziska Giffey das Impfzentrum im ICC besuchen wird. Das verspricht Aufmerksamkeit.

Doch Giffey wäre nicht Regierungschefin, wenn sie es sich nehmen ließe, bei anderer Gelegenheit in Gotes Revier zu wildern. So ist Giffey tags zuvor an der Charité. Zu ihrem Besuch einer Covid-Intensivstation inklusive Gesprächen mit Vorstandschef Heyo Kroemer sowie Pflegekräften und Ärzten ist Gesundheits- und Wissenschaftssenatorin Gote nicht angekündigt.

Von solchen fotogenen Protokollterminen abgesehen – am Silvestertag will Giffey zusammen mit der frischgebackenen Innensenatorin Iris Spranger (SPD) einen Polizeiabschnitt besuchen – ist in der Stadt erst einmal eine kleine Winterruhe eingekehrt. Die erst vor einer Woche neu besetzten Senatsverwaltungen sortieren sich. Die nächste Sitzung des Senats ist für den ersten Dienstag des neuen Jahres terminiert.

Auch für die erste Sitzung des neuen Senats im neuen Jahr ist das Thema gesetzt: 2G plus in der Gastronomie

Das Thema dafür kündigt sich jetzt schon an: Corona. Je nach Inzidenz wird darüber zu diskutieren sein, ob in der Gastronomie eine 2G-plus-Regel eingeführt werden soll. Das würde bedeuten, dass nur noch geimpfte beziehungsweise genesene Gäste mit aktuellem Negativ-Test bewirtet werden dürfen.

Allerdings gibt es Unwägbarkeiten: Weitere Maßnahmen hängen vor allem davon ab, wie sich die Omikron-Variante entwickelt. Zum Beginn der letzten Woche des Jahres gibt es in Berlin 276 Fälle von Omikron – dem stehen 28.600 der Variante Delta gegenüber. Doch die Zahlen sind kaum aussagekräftig, weil wegen der Feiertage weniger gemeldet und bearbeitet wurde. Dann kommt der Jahreswechsel dazwischen. Spätestens in der zweiten Woche 2022 sollten die Zahlen dann valide sein. Spätestens dann drohen Verschärfungen.