Wahlwiederholung

Berlin muss weiter auf ein neues Transparenzgesetz warten

Wieder ist ein Projekt der Landesregierung dem Wahlkampf zum Opfer gefallen. Das neue Transparenzportal wird wohl nicht vor 2024 kommen.

Etwas mehr Durchblick würde man sich in der Berliner Verwaltung schon wünschen – je früher desto besser.
Etwas mehr Durchblick würde man sich in der Berliner Verwaltung schon wünschen – je früher desto besser.dpa

In Berlin dauert es mal wieder länger. Das Transparenzgesetz, das die Koalition schon seit Jahren vor sich herschiebt – es wird auch diesmal nicht rechtzeitig fertig. Eigentlich hatte sich die rot-grün-rote Regierung darauf verständigt, das Gesetz noch in diesem Jahr zu verabschieden. Der Plan fiel nun dem Wahlkampf zum Opfer. Am Mittwoch wurde eine Anhörung dazu im Digitalausschuss des Abgeordnetenhauses abgesagt – und das quasi in letzter Minute. Die Gäste wurden wieder weggeschickt.

Eingeladen war auch Marie Jünemann vom Verein Mehr Demokratie. Sie ist enttäuscht: „Das ist jetzt der sechste Anlauf in zehn Jahren und nun wird es erst mal wieder nichts“, sagte sie der Berliner Zeitung. „Auf dem Papier sind alle dafür, aber je länger eine Partei in der Regierung ist, desto weniger ist sie an Transparenz interessiert.“

In Berlin geht dieser Vorwurf klar an die SPD. Sie war es, die die Anhörung in letzter Minute scheitern ließ. Dabei hatte man sich bereits mit Grünen und Linke auf einen gemeinsamen Gesetzentwurf geeinigt. Jetzt soll er erst mal unter Verschluss bleiben. Der SPD-Abgeordnete und Digitalexperte seiner Fraktion, Jan Lehmann, begründet das damit, dass es noch Abstimmungsbedarf mit der Verwaltung gebe. Er sieht keinen Zeitdruck für das Gesetz. „Die Veröffentlichungspflichten, die darin festgelegt werden, hängen alle an der elektronischen Akte“, sagte er der Berliner Zeitung am Donnerstag. „Die kommt bei uns aber ohnehin frühestens Ende 2024 oder Anfang 2025.“

Sein Grünen-Kollege Stefan Ziller sieht das anders. „Es ist wirklich peinlich für den Ausschuss, dass die Anhörung so kurzfristig abgeblasen werden musste“, sagte er am Donnerstag. Die Grünen argwöhnen, dass es sich bei dem Manöver um Wahlkampftaktik handelt. Das Thema Transparenz komme eher den Grünen und den Linken zugute, sagt Ziller, daher wolle die SPD eine Diskussion darüber bis zur Wahlwiederholung vermeiden.

Geklappt hat das aber nicht. Die Plattform Netzpolitik.org hat den Entwurf des Berliner Transparenzgesetzes seit Mittwochabend in voller Länge auf seiner Webseite publiziert.

Inhaltlich soll es sich an den Hamburger Regelungen orientieren. Dort gibt es schon seit zehn Jahren ein sogenanntes Transparenzportal, auf dem Gutachten, Stellungnahmen, Statistiken und viele weitere Akten hochgeladen werden, die in der Verwaltung entstehen. Die Veröffentlichung erfolgt also proaktiv, die Bürger müssen nicht erst Anträge auf Einsicht in die Akten stellen.

Transparenzportal: In Hamburg ist das ein voller Erfolg

„Das Hamburger Transparenzportal ist ein voller Erfolg“, sagt Marie Jünemann. „Dort gibt es jeden Monat rund zwei Millionen Zugriffe auf die Seite.“ Interessant daran sei, dass es nicht nur Bürgerinnen und Bürger sind, die sich informieren. „Etwa die Hälfte der Zugriffe stammen aus der Verwaltung selbst“, sagt Jünemann. Mehr Transparenz kann also durchaus auch ein Gewinn für die Verwaltung sein.

In Berlin hat sich das aber noch nicht so ganz herumgesprochen. Bisher verzögerte sich die Umsetzung des Transparenzportals nämlich hauptsächlich durch Bedenken einzelner Verwaltungen, die für sich Ausnahmebestände erwirken wollen.