Studie

Angst vor Diskriminierung: Nur jeder dritte LGBT-Beschäftigte in Deutschland outet sich

Noch immer werden LGBT-Personen am Arbeitsplatz diskriminiert. Eine Studie verdeutlicht beunruhigende Zustände.

Mehr als die Hälfte der LGBT-Beschäftigten erlebt am Arbeitsplatz Diskriminierung.
Mehr als die Hälfte der LGBT-Beschäftigten erlebt am Arbeitsplatz Diskriminierung.UIG/imago

Am Sonnabend geht der weltweite LGBT-Pride-Monat zu Ende, auch wenn die Paraden und Feierlichkeiten in Berlin erst im Juli begangen werden. Viele Arbeitgeber wollen mit Regenbogen-Emojis in den sozialen Netzwerken ein Zeichen setzen, sprechen sich öffentlichkeitswirksam für mehr Rechte der LGBT-Community aus. Doch eine aktuelle Umfrage zeigt eine andere Realität: Sie verdeutlicht die prekäre Lage am Arbeitsplatz für viele Befragte.

„Auch 2023 werden LGBTIQ noch am Arbeitsplatz diskriminiert, die Konsequenzen für diskriminierendes Verhalten sind zu schwach“, sagt Stuart Bruce Cameron, Geschäftsführer der Uhlala Group. Die Beratungsagentur befragte im Mai mehr als 1000 Personen, die sich der LGBT-Community zugehörig fühlen, zu ihrem Arbeitsumfeld.

Es sind erschreckende Zahlen, die die Umfrage ergeben hat: Über die Hälfte der Befragten (57 Prozent) erleben demnach Diskriminierung am Arbeitsplatz. Zehn Prozent fühlen sich sogar häufig diskriminiert. Insbesondere Transfrauen und Transmänner werden oft stigmatisiert; zu den häufigsten Diskriminierungserfahrungen gehören abfällige Kommentare und Witze.

„Arbeitgeber müssen klarer durchgreifen“

Wenn LGBT-Personen am Arbeitsplatz diskriminiert werden, ignorieren viele von ihnen die Anfeindungen einfach; nur 25 Prozent melden solche Vorfälle beim Chef. Rechtliche Schritte leiten der Umfrage zufolge nur neun Prozent ein. Auch Arbeitgeber spielten demnach diskriminierende Vorfälle häufig herunter; nur bei 18 Prozent folgt überhaupt eine Untersuchung mit Konsequenzen für die verantwortlichen Personen. „Hier müssen Arbeitgeber klarer durchgreifen, um eine positive und sichere Arbeitsatmosphäre für alle zu schaffen. Es darf nicht sein, dass Betroffene Angst vor einem Coming-out haben“, so Cameron.

Der Berliner Christopher Street Day wird am 22. Juli ausgerichtet.
Der Berliner Christopher Street Day wird am 22. Juli ausgerichtet.Virginia Garfunkel/imago

31 Prozent geben an, dass sie aufgrund ihrer Geschlechtsidentität beziehungsweise sexuellen Orientierung schon einmal in ihrer Karriere benachteiligt worden seien. Und auch die folgende Zahl ist gravierend: Jede fünfte LGBT-Person hat aufgrund von Diskriminierung schon einmal den Job gekündigt. „Das Einsetzen für Belange von LGBT darf nicht beim Pride Month enden, sondern muss auch heißen, dass Unternehmen keine Art von Diskriminierung dulden – das ganze Jahr über“, sagt Cameron.

Viele LGBT-Personen halten die eigene Geschlechtsidentität beziehungsweise ihre sexuelle Orientierung am Arbeitsplatz geheim – nur 32 Prozent geben in der Umfrage an, komplett offen damit umzugehen. Im Gegensatz dazu fühlen sich immerhin 85 Prozent der Befragten nach ihrem Coming-Out von ihren Kollegen akzeptiert.

Zum Pride Month zeigen viele Unternehmen öffentlich Solidarität mit der LGBT-Community. Auch gut die Hälfte der Befragten haben Arbeitgeber, die sich in der Öffentlichkeit als LGBT-freundlich darstellen – und die große Mehrheit davon (87 Prozent) findet, dass ihre Arbeitgeber diesem Anspruch auch gerecht werden. Dem oft genannten Vorwurf des „Rainbow Washing“ oder „Pink Washing“, also dass Unternehmen ihre LGBT-Freundlichkeit vor allem für die Außenwirkung stilisieren, widersprechen sie damit.

Über die Umfrage: Gemeinsam mit dem Marktforschungsinstitut Yougov haben Indeed und die Uhlala Group im Zeitraum zwischen dem 23. und dem 29. Mai 2023 insgesamt 1031 Personen befragt, die sich der LGBTIQ-Community zugehörig fühlen.