Manchem Deutschen gilt das schnelle Fahren auf der Autobahn als letzte Bastion der Freiheit, die der Staat seinen entmündigten Bürgern noch zugesteht. Mögen doch fast alle Länder der Welt ein Tempolimit haben – wir nicht! Das ist Freiheit!
Und so kann Turbo-Thorsten auf der A5 bei Rastatt noch immer ordentlich auf die Tube drücken. Wir allerdings sind in Schweden unterwegs, wo man auf Autobahnen nicht schneller als 120 Kilometer pro Stunde fahren darf, die Höchstgeschwindigkeit aber meist bei 110 und die tatsächlich gefahrene irgendwo bei 108 Stundenkilometern liegt.
Das macht unseren Aufenthalt in der südschwedischen Urlaubsregion Småland zu einem entschleunigten Erlebnis. Gemächlich tuckern wir von unserem Feriendomizil in Grimslöv nach Karlshamn. Fast anderthalb Stunden brauchen wir für die 80 Kilometer runter an die schwedische Ostseeküste.
Es gibt keinen Stau, nur dauert es eben seine Zeit. Innerorts wird die Geschwindigkeit oft auf 40 oder 30 Kilometer pro Stunde beschränkt, außerorts fahren wir meist 70 oder 80. Wer will schon beim Rasen mit einem Elch zusammenstoßen? Wir haben die Tiere im Elchpark aus der Nähe gesehen. So ein Tier wiegt mehrere Hundert Kilo und ist wirklich sehr groß.
Blitzer werden angekündigt – und zu schnelles Fahren ist teuer
Außerdem sind immer wieder blaue Schilder mit einer Kamera darauf am Straßenrand zu sehen. In Schweden müssen Blitzer angekündigt werden – das diszipliniert, zumal Geschwindigkeitsübertretungen empfindlich teuer sind. Wir haben in zwei Wochen nicht einen Drängler, Raser oder Rechtsüberholer gesehen. Auch keinen Unfall.
Stattdessen links und rechts Wälder, Seen, wieder Wälder, wieder Seen. Manchmal, aber eher selten, ein rotes Holzhaus oder Kühe. Noch seltener Menschen. In der historischen Provinz Småland leben 22 Einwohner pro Quadratkilometer, in Berlin sind es 4200, ja selbst im Flächenland Brandenburg noch 86 Einwohner auf der gleichen Fläche.

Die größte Herausforderung beim Autofahren in Schweden ist es, nicht einzuschlafen. Also halten wir uns wach – mit Spielen, die wir noch von langen Autofahrten aus unserer Kindheit kennen. Unser Sohn mag „Ich sehe was, was du nicht siehst“. Das ist nicht ganz einfach, wenn grüne Bäume das Einzige sind, was am Fenster vorbeirauscht.
Da sorgt es schon für Abwechslung, wenn man plötzlich von einem Mähfahrzeug aufgehalten wird, das am Straßenrand den Wildwuchs trimmt. Uns passierte das gar nicht so selten, wir zuckelten dann in Schrittgeschwindigkeit hinter dem Sensenauto her und rangen mit dem kleinen Turbo-Thorsten in uns.

Eine weitere schwedische Besonderheit sind die sogenannten A-Traktoren oder Epas, die besonders auf dem Land populär sind. Wir wunderten uns mehrfach über die langsamen Gefährte, aus denen oft laute Musik drang und an deren Steuer viel zu jung scheinende Fahrer saßen.


