Drinnen & Draußen

Lavendel top, Geranien Flop: Wie man seinen Balkon am besten bepflanzt

Auf manchem Berliner Balkon stehen nur Bierkästen, auf Fensterbrettern ein paar trockene Blumentöpfe. Das muss sich ändern – mit unseren Expertentipps.

Schopflavendel und Vanilleblume sind nicht nur hübsch anzusehen, sondern auch beliebt bei Bienen und Schmetterlingen.
Schopflavendel und Vanilleblume sind nicht nur hübsch anzusehen, sondern auch beliebt bei Bienen und Schmetterlingen.Panther Media/Imago.

In welchem Zustand sind eigentlich Berlins Balkons? Janna Einöder, Referentin für Stadtgrün beim Nabu Berlin, formuliert es diplomatisch: „Wir sehen da noch viel Potenzial“, sagt sie und meint, dass es viele Flächen gibt auf Balkons, Dachterrassen und Fensterbrettern, die nicht bepflanzt sind – oder nur mit Geranien oder Petunien.

„Wir wünschen uns mehr Natur und Artenschutz auf dem Balkon, mehr grüne Oasen in der Stadt, die Bienen, Schmetterlinge, Käfer und Vögel anlocken“, sagt Einöder, deren Naturschutzorganisation gerade vermeldet hat, dass „Zehntausende Balkons in der Hauptstadt ein vernachlässigtes Dasein fristen“. 

Es gibt aber auch das ganze Gegenteil, die Vorzeigeoasen der Stadt sozusagen. Zwei davon werden in Wilmersdorf von der Autorin Birgit Schattling gehegt und gepflegt. „Auf meinen beiden Balkons im sechsten Stock am Heidelberger Platz habe ich schon 24 verschiedene Vogelarten zu Besuch gehabt“, erzählt die Berlinerin, die nicht nur Vorträge zum Thema hält, sondern auf ihrer Internetseite bio-balkon.de auch Kongresse organisiert, die jährlich im Frühjahr gratis stattfinden.

Zum Sitzen und Arbeiten ist auch noch Platz: Birgit Schattling auf ihrem Balkon in Berlin-Wilmersdorf
Zum Sitzen und Arbeiten ist auch noch Platz: Birgit Schattling auf ihrem Balkon in Berlin-WilmersdorfIna Volmer/GartenFlora, dbv-network-GmbH

Und so flattern in Birgit Schattlings artenreichem Paradies mit Blick bis zum Fernsehturm nicht nur Haus- und Feldsperling, Kohl- und Blaumeise, Buntspecht und Eichelhäher vorbei, sondern hin und wieder auch ein Sperber oder Turmfalke. Darüber hinaus sind natürlich viele Insekten und manchmal ein Eichhörnchen zu Gast.

Bei Schattling wachsen nämlich nicht nur Blumen auf naturnah gestalteten neun Quadratmetern, sondern auch viele Gehölze: Säulenapfelbäume, Immerblühende Mandelweide, Felsenbirne und Aroniabeere bringen gleich mehrere Vorteile mit sich. Sie geben Sichtschutz, eine tolle Baumblüte im Mai und leckeres Obst im Sommer. Vögel freuen sich über den Schutz, den sie in den Bäumen und Sträuchern finden.

Säulenobst und vertikale Beete: Viel Ertrag auf wenig Raum

Die passionierte Hobbygärtnerin baut auch Gemüse an. Weil der Platz begrenzt ist, setzt sie auf Vertikalbeete, in denen Wildpflanzen und Salate wachsen. Für eine Sitzecke ist auch noch Platz, denn „der Balkon ist ein Wohlfühlort, den muss man auch genießen können“, findet die Wilmersdorferin.

Unsere neue Kolumnenreihe „Drinnen & Draußen“ gibt Tipps für Haus, Wohnung, Garten und das ganze Drumherum.
Unsere neue Kolumnenreihe „Drinnen & Draußen“ gibt Tipps für Haus, Wohnung, Garten und das ganze Drumherum.Pajović/Berliner Zeitung am Wochenende

Naturnahe Tipps für Balkonien hat auch der Nabu: Pflanzt man Wildblumen wie Glockenblumen, Leimkraut, Herzgespann, Ehrenpreis oder Wollziest, stellen sich spezialisierte Wildbienen und Schmetterlingsraupen ein. Lässt man verblühte Triebe stehen, erfreuen sich Stieglitze, Sperlinge und andere Vögel an den Samen. 

Etwas fürs Auge, aber wenig bis nichts für die Tierwelt tun hingegen die klassischen Balkonpflanzen wie Geranien, Petunien oder dicht gefüllte Tagetes. „Solche exotischen Blumen sind für einheimische Insekten ziemlich uninteressant und setzen zumeist auch keine Samen an, die Vögel fressen könnten“, erklärt Janna Einöder. Anders sehe es mit Kräutern aus dem Mittelmeerraum aus, also etwa Lavendel, Salbei und Rosmarin: „Diese nektarreichen Pflanzen sind nicht nur richtige Insekten-Tankstellen, sondern lassen sich auch in der Küche verwenden. Außerdem vertragen sie viel Trockenheit, ein echter Vorteil auf sonnigen Balkons.“

Beim Umweltfestival in der vergangenen Woche am Brandenburger Tor war dies auch die häufigste Frage von Balkongärtnern am Nabu-Stand: Was wächst auf einem sonnigen Südbalkon überhaupt? So einen Balkon hat auch Janna Einöder. Sie sagt: „Es gibt tolle heimische Stauden, die gut mit Trockenheit umgehen können, wie der strahlend gelb blühende Mauerpfeffer oder Skabiosen, die je nach Sorte in vielen Blau-, Rosa- und Violett-Tönen oder in Weiß blühen.“

Vereinen gleich mehrere Vorteile auf sich: Küchenkräuter auf Fensterbrettern und Balkon
Vereinen gleich mehrere Vorteile auf sich: Küchenkräuter auf Fensterbrettern und BalkonManfred Ruckszio/Imago

Auch schattige Balkonkästen im Hinterhof sind nicht aussichtslos. Die Blüten mögen dann vielleicht nicht so auffällig sein, aber Vergissmeinnicht, Schaumkraut und etliche Frühblüher kommen auch mit wenig Licht aus. 

Janna Einöder hat auf ihrem Balkon auch Pflanzkästen, in denen sie Wildnis zulässt. Dort wachsen Storchschnabel und Gundermann. Generell seien beim Pflanzenkauf heimische Pflanzen am besten, die hier in Deutschland gezogen wurden und bei uns in der Region gut leben können. Und natürlich sei torffreie Blumenerde Pflicht, um die Moore zu schonen, so Einöder. „Man kann schon beim Pflanzenkauf auf Nachhaltigkeit achten. Massenware aus dem Baumarkt ist häufig mit Pestiziden belastet, die lange wirken und Bienen schaden können. Deshalb sollte man vorzugsweise bei kleineren, regional ausgerichteten Gärtnereien einkaufen.“

Birgit Schattling empfiehlt beispielsweise die Produkte der Gärtnerei Hirschgarten, von Wildblüten in Britz oder Hofgrün Berlin in Kreuzberg. Auch der Nabu listet auf seiner Internetseite Baumschulen in Berlin und Brandenburg mit einem großen Angebot an einheimischen Wildsträuchern.

Auch das Eichhörnchen kommt manchmal vorbei in Birgit Schattlings grünem Balkon-Paradies.
Auch das Eichhörnchen kommt manchmal vorbei in Birgit Schattlings grünem Balkon-Paradies.Birgit Schattling

„Wir sind heute leider vollkommen von der Natur entfremdet“, sagt Schattling. Einen leeren Balkon mit weißen Fliesen, Fensterbretter ohne Kräutertöpfe, das findet die Autorin furchtbar und auch ein wenig traurig. „Viele Menschen fühlen sich ohnmächtig gegenüber dem Arten- und Insektensterben oder dem Klimawandel. Aber auf dem Balkon können sie selbst etwas gestalten. Jede weitere begrünte Fläche unterstützt Tiere, gibt Nistmöglichkeiten und Futter.“ 


In unserer neuen Kolumne „Drinnen & Draußen“ beschäftigen wir uns mit allem, was es in Haus, Hof und Garten zu tun gibt. Alle zwei Wochen geht es ums Putzen und Pflanzen, um Schrubber und Spaten. Haben Sie Anregungen oder Feedback? Schreiben Sie uns! briefe@berliner-zeitung.de