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Spüren Sie diese kleinen Tropfen auf der Haut? Es ist Urin von Millionen Blattläusen

Warmes und trockenes Wetter wie momentan gefällt Blattläusen besonders gut. Zurzeit vermehren sie sich massenhaft in Berlin, hinterlassen überall ihr klebriges Pipi.

Blattläuse fressen Blätter, hier ist eine bei der Arbeit.
Blattläuse fressen Blätter, hier ist eine bei der Arbeit.ingimage/Imago

Die Autos sind voll mit dem Geschmier, die Stühle im Garten kleben auch davon: Schuld ist das Pipi, also die Exkremente, der Blattläuse. Das fällt von oben aus den Bäumen. Dort hocken in diesem Jahr ungewöhnlich viele der Insekten.

Weil schon im Mai nicht einmal 20 Prozent der sonst üblichen Regenmenge erreicht wurden und es nun seit fünf Wochen überhaupt nicht mehr geregnet hat und dazu recht warm ist, können sie sich ungehemmt vermehren, erklärt Derk Ehlert von der Berliner Senatsumweltverwaltung.

In jedem Baum sitzen Tausende von ihnen

Denn Kälte und Regen sind die ärgsten Feinde der Blattläuse. „Sie mindern die Reproduktionsrate der Tiere.“ Dadurch können sich die Eier nicht optimal entwickeln und werden vom Wasser fortgespült. Aber nicht in diesem Jahr! „In jedem Baum sitzen Tausende von ihnen.“

Honigtau ist die hübsche Bezeichnung für die profane Hinterlassenschaft der winzig kleinen Tiere. Die leben bevorzugt in Linden- und Weidenbäumen, weil diese besonders weiches Holz haben. Da kann man sich gut dran festhalten. Auch Rosen sind als Wohnort beliebt, was Gärtnerinnen und Gärtner bedauern. Selbst das Besprühen mit starkem schwarzen Tee hilft nicht immer bei der Bekämpfung.

Die Pflanzensäfte enthalten viel Zucker, so kommt der süßliche Geschmack des Honigtaus zustande. Er ist extrem nährstoffreich, besteht aus Rohr-, Frucht- und Traubenzucker, außerdem Aminosäuren, Mineralstoffen, Spurenelementen, Vitaminen.

Schön süß, das lieben die anderen Insekten, besonders Marienkäfer und vor allem Ameisen. „Sie sind der Blattlaus liebster Freund“, sagt Derk Ehlert. Mit dem überlebenswichtigen Honigtau ernähren sie die Königin und die Jungtiere, lagern ihn ein wie Bienen den Nektar. „So sieht man zurzeit Heerscharen von Ameisen die Bäume rauf- und runterklettern. Oben melken sie die Blattläuse, schleppen danach die Tropfen runter in ihren Bau.“

Natürlich zieht das ungewöhnlich große Imbissangebot durch die Nahrungskette auch das Anwachsen der anderen Insektenarten nach sich. Sehr viele Ameisen und Marienkäfer sind jetzt an allen Ecken und Enden zu beobachten.

Wenn Insektenpipi ins Trinkglas fällt

Lecker schmecker ist der Honigtau aber nicht für Menschen. Wer sich im Biergarten unter Bäumen sitzend davor fürchtet, dass das Insektenpipi ins eigene Trinkglas hineinfällt, den kann Derk Ehlert beruhigen. „Für eine Geschmacksveränderung müssten es schon einige Millionen Tropfen sein.“ Der menschlichen Gesundheit sei Honigtau auch nicht abträglich.

Die Pflanzen aber leiden unter den gefräßigen Insekten. Auf Fressschäden reagieren sie in letzter Not mit Fortpflanzung. „Es wachsen komplett neue Austriebe, die Johannistriebe, ab dem 24. Juni.“ Wenn dann die Tage wieder kürzer werden, lassen die Populationsphase der Blattläuse und damit die Gefahr nach.