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Die große Entspannung für Körper und Geist – Ayurveda in Tschechien

Sri Lanka? Indien? Muss nicht sein, in Böhmen gibt es ein wunderbares Ayurveda-Resort. Wir waren dort.

Jetzt ist es Zeit für die Ayurveda-Frühjahrsentgiftung.
Jetzt ist es Zeit für die Ayurveda-Frühjahrsentgiftung.www.katerinaresort.cz

Ausgestreckt liege ich da, mein Kopf ruht auf einem Nackenpolster. Meine Augen sind von einem angenehm riechenden Tuch bedeckt. Mein Therapeut lässt langsam und gleichmäßig warmes Öl, das nach Kräutern und Hölzern duftet, über meine Stirn fließen. Ich bin tief entspannt und gleite gedanklich ab. Nichts scheint mehr wichtig. Mir wird etwas schwindlig und ich fühle mich für einen Moment orientierungslos: 60 Minuten dauert der berühmte Stirnölguss Shirodhara.

Mein Therapeut presst zum Ende der Behandlung das überflüssige Öl aus meinen Haaren, lässt mich an einem Pulver aus verschiedenen Kräutern schnuppern, das meine Nase freimacht und welches er mir zuvor in den Scheitel einmassierte, und schlingt ein Handtuch um meinen Kopf.

Sinto, so der Name meines indischen Therapeuten, empfiehlt mir, weitere 60 Minuten zu ruhen und erst dann das restliche Öl von meiner Haut zu spülen. Ich bin etwas wehmütig, da dies die vorerst letzte Behandlung meines fünftägigen Aufenthalts im Ayurveda-Pavillon des Resorts Svatá Kateřina gewesen sein wird.

Beängstigende Stille inmitten des Druiden-Steinkreises

Der Ort dieser gelungenen Ayurveda-Behandlung liegt nicht etwa in Indien. Von dort stammt eben jene ganzheitliche Heilkunst, die als älteste der Menschheit gilt. Nein, Schauplatz der Handlung ist Svatá Kateřina, ein Kurort an der Grenze zwischen Böhmen und Mähren in Tschechien.

Die nächstgelegene Stadt heißt Počátky, zählt gerade mal 2500 Einwohner und dürfte wohl auch in Tschechien unter Einheimischen wenig bekannt sein. Ehrlich gesagt hat der Ort nur wenig zu bieten. Viel spannender hingegen ist Svatá Kateřina, ein 511 Meter hoher Berg am Nordrand des Königreichwaldes im Riesengebirgsvorland. Mitten in weiter Waldlandschaft fühlt man sich weit weg vom Rest der Welt.

Der Kurort der „heiligen Katerina“ liegt auf einem Quellgebiet, einer heidnischen Kultstätte. Und soll schon im 15. Jahrhundert den Hussiten nach kräftezehrenden Schlachten als Regenerationsort gedient haben: Ohne jegliche esoterische Veranlagung kann man auch heute noch, fast 600 Jahre später, die Kraft des Ortes spüren. Besonders bei Nacht, sternenklarem Himmel und für Großstädter oftmals beängstigender Stille, inmitten des Druiden-Steinkreises, der sich wenige Minuten vom Ayurveda-Pavillon entfernt befindet. 2014 wurde er als Replik alter megalithischer Strukturen und als größter seiner Art in der Tschechischen Republik erbaut.

Man erreicht Počátky von Prag in eineinhalb Stunden mit dem Auto, von Wien sind es zweieinhalb und auch aus Berlin schafft man es unter sechs Stunden. Wer mit dem Zug anreisen möchte, fährt bis nach Prag und von dort weiter nach Počátky-Žirovnice. Von dort wird man mit dem Pendelbus des Hotels abgeholt, der einen innerhalb weniger Minuten nach Svatá Kateřina bringt.

Während in der Mitte des 20. Jahrhunderts der Ort bereits als Kurort entdeckt wurde und dem tschechischen Gesundheitsministerium unterstellt war, hat sich Svatá Kateřina in den vergangenen Jahren in Europa immer mehr einen Namen als authentisches Ayurveda-Resort gemacht. Die Architektur des Resorts folgt keiner klaren Linie, vermutlich dem Bestandsschutz geschuldet. Es gibt eine barocke Kirche, einen Jugendstilpavillon sowie nüchterne Zweckarchitektur. Das Highlight ist der preisgekrönte Ayurveda-Pavillon des Prager Architekten Jakub Teigl, der von Hunderten roh behauenen Granitpfeilern getragen wird.

Das macht Ayurveda so besonders

Auch wenn das Resort weitaus mehr bietet als nur Ayurveda, ist unter den Gästen offensichtlich, wer vor allem wegen der Verbesserung seiner Gesundheit in den alten Kurort gereist ist. Ein rosa Bändchen am Handgelenk sowie eine Thermoskanne und manchmal eine Yogamatte unterm Arm verraten, wer eine Ayurveda-Kur gebucht hat.

Zu essen gibt es ausschließlich warme Mahlzeiten, die aus den Geschmacksrichtungen sauer, salzig, süß, scharf, bitter und herb bestehen. Dazu heißes Wasser vor und nach den Mahlzeiten, sowie Kräutertee und Quellwasser. Es schmeckt ausgezeichnet, auch wenn ein Gemüsecurry zum Frühstück etwas ungewöhnlich sein mag.

Bevor die Ayurveda-Kur startet, wird der Gast einer ausgiebigen Anamnese unterzogen. Der Arzt untersucht zum Beispiel den Puls – mit drei Fingern, denn jeder Finger registriert wie ein Sensor einen anderen Wert: die Wärme des Blutes, die Geschwindigkeit des Pulses, seinen Druck und Bewegungscharakter. Zudem wird die Zunge inspiziert, ebenso die Augen, und dann spielt noch der Gesamteindruck der Körperhaltung eine Rolle.

Dr. Venu Panicker, der in Indien Medizin studierte, gibt Entwarnung: Ich bin kerngesund, sollte aber darauf achten, vorwiegend warm zu essen, vor dem Frühstück zwei Gläser warmes Wasser auf nüchternen Magen zu trinken, regelmäßig meine Zunge mit einem Zungenschaber zu säubern und morgens Kokosöl zum Gurgeln zu verwenden.

Weiter klärt mich Panicker darüber auf, was Ayurveda, also die Wissenschaft vom Leben, so besonders macht. Vor 5000 Jahren trafen sich Gelehrte aus der Mongolei, Sri Lanka, sogar Griechenland zu einem ersten Treffen. Die Weisen meinten, dass das Leid der Menschheit viele Ursachen habe: mangelnde spirituelle Kraft, schlechtes Verhalten, negative Gedanken und Infektionen des Körpers. Zudem fanden sie heraus, dass es psychische und physische Krankheiten gibt.

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Das alles ließe sich zurückführen auf drei Biosubstanzen: Vata – die Bewegung; Pitta – der Stoffwechsel im Körpergewebe, die Körperchemie; und Kampha – die Körpergestalt, Muskeln, Haltung, Figur. Stehen diese in einem ausgeglichenen Verhältnis, ist der Mensch gesund, sowohl körperlich als auch geistig. Sind sie schlecht ausbalanciert, liegt eine Krankheit vor oder eine Krankheit ist dabei, sich zu entwickeln. „Bei Ihnen ist alles in Ordnung, etwas mehr Meditation und bewusste Atmung würde Ihnen nicht schaden“, so Panicker weiter.

Es ist erstaunlich, wie schnell eine Ayurveda-Kur die Energiereserven auffüllt. Das Essen, die Ruhe, Bewegung, der Verzicht auf Alkohol. Und die zahlreichen Massagen, die wahre Wunder wirken. Und wer der Meinung ist, dass Ayurveda nur in Sri Lanka und Indien authentisch zu erleben sei, wird möglicherweise recht haben. Doch seine Energie nicht auf langen Fernflügen, mit Klimaveränderungen und Zeitumstellungen zu verplempern, dürfte allein schon ein Argument dafür sein, dass eine Reise in das Resort Svatá Kateřina eine sinnvolle Alternative zu Sri Lanka und Indien sein kann.


Preis: drei Übernachtungen inklusive Ayurveda-Massagen, ayurvedische Vollpension, ärztliche Konsultationen und Wellness im Spa ab 850 Euro

Adresse: Resort Svatá Kateřina, Svatá Kateřina 327, 39464 Počátky, Tschechien

Telefon: +420 606 657 002

Öffnungszeiten: ganzjährig geöffnet

www.katerinaresort.cz/de