Besser sitzen

Schlesinger-Affäre: Skandal mit Luftpolstern

In den Berichten über die Verfehlungen der RBB-Intendantin Schlesinger ist immer wieder auch von den Massagesitzen ihre Dienstwagens die Rede. Eine Recherche.

Bequemer sitzen? Bundeskanzler Olaf Scholz entsteigt in Berlin seinem Dienstwagen.
Bequemer sitzen? Bundeskanzler Olaf Scholz entsteigt in Berlin seinem Dienstwagen.dpa/Wolfgang Kumm

Es ist keineswegs so, dass der ADAC nicht schon vor Jahren vor der besonderen Ausstattung des Sitzmöbels im Straßenverkehr gewarnt hätte. Der Einwand bezog sich allerdings auf Massageauflagen aus Holzkugeln, die schon aus ästhetischen Erwägungen einem Verbrechen sehr nahe kamen. Dabei lag der Vorteil der Massageauflagen auf der Hand: Sie sorgten insbesondere am verlängerten Rücken für eine verbesserte Luftzirkulation und dadurch für eine angemessene Durchblutung. Die Aufmerksamkeit des ADAC richtete sich auf die Gefahrenanalyse: Bei einem Crash könne der auf Kugeln sitzende Fahrer unter dem Gurt durchrutschen, bei einem Unfall, so der ADAC, könne das zu lebensgefährlichen Verletzungen führen. Der Club empfahl, ausschließlich Sitzbezüge mit Prüfzeichen zu verwenden, die sich rutschfest anbringen lassen.

Tja, auf Rutschfestigkeit hat man in den Intendanzen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht geachtet. Selbst Tom Buhrow, der interimsmäßig den Vorsitz in der ARD von der zurückgetretenen RBB-Intendantin Patricia Schlesinger übernommen hat, musste unlängst zugeben, dass sein Dienstwagen ebenfalls über die längst zum Skandalmöbel avancierten Massagesitze verfüge.

Schluss mit der Beinfreiheit

Die Compliance-Experten in deutschen Führungsetagen sind gerade derart stark beschäftigt, dass sie noch nicht zu einer abschließenden Folgenabschätzung zum angemessenen Gebrauch von Autositzen gekommen sind. Wir greifen mit ein paar Handreichungen gern vor: Der Massagesitz ist keineswegs allein ein der Luxusklasse vorbehaltenes Privileg, sogenannte Relax-Sessel gibt es längst auch in Kleinwagen. Die Entspannungstechnik folgt trotz erheblicher Komfortunterschiede fast immer demselben Prinzip. Einzelne Luftpolster werden in der Lehne und Sitzfläche aufgepumpt und anschließend die Luft wieder abgelassen, um so an gezielten Stellen Druck auf den Rücken und die Oberschenkel auszuüben. Je nachdem wie aufwendig das System ist, lassen sich verschiedene Massagemuster realisieren – von einer Wellenbewegung über den ganzen Sitz bis hin zur Beschränkung auf einzelne Bereiche.

In Fabrikaten, bei denen man etwas auf sich hält, nennt man das Hot-Stone-Massage, im Bentley Flying Spur sind die Sitze klimatisiert. Als verlängertes Büro eignet sich dieser Fahrzeugtyp nicht zuletzt wegen der großen Beinfreiheit. Gerade die aber möchte man dem Führungspersonal der Rundfunkanstalten nicht länger gestatten.