Seit Wochen wird die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes energisch diskutiert. Was in Schriftform so leise und harmlos klingt, hat sich in Politik und vor allem (sozialen) Medien zu einer scharfen Auseinandersetzung entwickelt, denn: Es geht hier nicht allein um den Klimaschutz.
Wenn ab 2024 tatsächlich keine neuen Gas- und Ölheizungen mehr in deutsche Häuser eingebaut werden dürfen, könnte sich das für manch Hausbesitzer in der Folge als existenzgefährdend herausstellen, wenn die Alternativen (vor allem Wärmepumpe) sich als ungeeignet für die jeweilige Bauweise oder den Zustand der Immobilie erweisen und nur mit erheblichem finanziellem Aufwand bewerkstelligt werden können. Der Aufschrei über den Gesetzesentwurf zur Umstellung von Heizungen auf erneuerbare Energien, der vergangene Woche vom Bundeskabinett gebilligt wurde, ist daher groß.
Dementsprechend versuchen Unterstützer der Gesetzesnovelle Kritiker milde zu stimmen, indem sie versichern, es gebe umfangreiche Übergangsregelungen und Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung sozialer Härten. Die allerdings noch nicht ausgearbeitet sind. Bis es so weit ist, dürften Hausbesitzer, die nicht zu den Großverdienern gehören, also erst mal weiter zittern.
Für Zunder in der explosiven Diskussion sorgt nun Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Er verkündete der Bild am Sonntag: „Wir werden nicht zulassen, dass steigende Energie- und Heizkosten Krankenhäuser in ihrer Existenz gefährden.“
Karl Lauterbach schützt die marode Infrastruktur
Für das geplante Verbot von Öl- und Gasheizungen soll es „großzügige Ausnahmeregelungen“ für Krankenhäuser, Pflege- und Rehaeinrichtungen geben. So sollen Einrichtungen den Einbau einer neuen Gasheizung beantragen, wenn die Investitionen eine unverhältnismäßige Belastung darstellen und die Aufrechterhaltung des Betriebs gefährdet sei. Schließlich garantiere der Staat die Daseinsvorsorge. Damit würde die Austauschpflicht quasi ausgesetzt.
Das mutet nun aber merkwürdig an. Zwar ist es tröstlich, wenn Lauterbach die Daseinsvorsorge ernst nimmt. Nur die wenigsten haben nämlich eine Vorstellung davon, wie sehr auf Kante genäht die medizinische Versorgung in Deutschland mittlerweile ist, und schieben die durch Corona öffentlich gewordenen Zustände fälschlicherweise auf die vorübergehende Pandemie. Dabei ist jede weitere Belastung der Kliniken und auch vieler Heime nur ein weiterer Tropfen auf den heißen Stein, der ohne Abfederung zur Schließung eines Hauses führen kann. Insofern tut Lauterbach hier grundsätzlich das Richtige: Er schützt die marode Infrastruktur vor weiteren Belastungen, die man sich im Gesundheitssystem nicht leisten kann.
Das Problem ist nur: Auch viele Privatleute operieren am Rande ihrer Möglichkeiten. Auch solche, die ein Eigenheim besitzen. Auch solche, die das vielleicht nicht ihrem Umfeld ständig mitteilen, weil das in einer Leistungsgesellschaft niemand hören will. Man denke nur an die Millionen pflegender Angehöriger. Das ist das grundsätzliche Problem in unserem Land, in dem wir so gut und gerne leben: Diejenigen, denen es wirklich gut geht, können sich kaum noch vorstellen, wie es denjenigen in den anderen Bubbles geht. Und dass der Austausch eines Heizkörpers die einen vielleicht verschmerzbar im Portemonnaie trifft, die anderen aber komplett überfordert.
Dass das kein existenzielles Problem sein könne, weil man sonst gar kein Haus besitzen dürfe, werfen viele nun den Kritikern der Gesetzesnovelle vor. Schließlich gehe es um ein höheres Ziel, den Klimaschutz.




