Rückführung

Vereinbarung mit den Taliban: Erste Einzelabschiebung von Straftäter nach Afghanistan

Lange waren Abschiebungen nach Afghanistan ausgesetzt. Seit dem Sommer sind sie wieder möglich. Jetzt können auch einzelne Straftäter abgeschoben werden.

Nach einer Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Taliban sind jetzt auch Einzelabschiebungen nach Afghanistan möglich.
Nach einer Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Taliban sind jetzt auch Einzelabschiebungen nach Afghanistan möglich.Jan Woitas/dpa

Nach mehrjähriger Unterbrechung hat die Bundesregierung erneut eine Abschiebung nach Afghanistan vorgenommen. Wie das Bundesinnenministerium der Berliner Zeitung bestätigte, wurde in der Nacht zum Mittwoch ein aus Afghanistan stammender, in Bayern verurteilter Straftäter per Linienflug nach Kabul gebracht. Dabei handelt es sich um eine Einzelabschiebung, die Teil einer neuen Vereinbarung zwischen dem Bundesinnenministerium unter Führung von Alexander Dobrindt und den Taliban sein soll.

Seit dem Rückzug westlicher Truppen im Jahr 2021 und der schnellen Machtübernahme der Taliban hatten deutsche Behörden sämtliche Rückführungen nach Afghanistan gestoppt. Auch die deutsche Botschaft wurde geschlossen, und bestehende Abschiebeabkommen waren ausgesetzt. Die Bundesregierung erkennt die Taliban-Führung weiterhin nicht als legitime Regierung an. Dem Auswärtigen Amt zufolge bestehen dennoch Kontakte zu den Behörden vor Ort. Diese Kontakte betreffen laut Ministerium unter anderem humanitäre Hilfe, den Schutz der Menschenrechte – insbesondere von Frauen und Mädchen – sowie nun auch die Organisation von Abschiebungen.

Menschenrechtsorganisationen warnen vor Abschiebungen

Bisher ist unklar, weshalb der abgeschobene Straftäter in Deutschland verurteilt wurde und ob er nach seiner Rückkehr in Afghanistan eine Strafe verbüßen muss. Bereits im Juni hatte die Bundesregierung 81 verurteilte Straftäter nach Afghanistan abgeschoben.

Das aktuelle Vorgehen der Bundesregierung stößt auf scharfe Kritik von Menschenrechtsorganisationen. Amnesty International fordert angesichts der sich verschärfenden humanitären Lage in Afghanistan einen sofortigen Stopp aller Abschiebungen. Die Organisation verweist darauf, dass das Völkerrecht Abschiebungen in Länder verbietet, in denen Rückkehrer einem „realen Risiko schwerer Menschenrechtsverletzungen“ ausgesetzt sind.

Ungeachtet dieser Bedenken setzt das Bundesinnenministerium die sogenannte Abschiebeoffensive fort und setzt dabei auf die neue Vereinbarung mit den Taliban.