Linksextremismus

„Tag X“ in Leipzig: Polizei kesselt 500 Demonstranten ein, darunter Minderjährige

Die Anmelder der „Tag X“-Demo in Leipzig scheitern mit ihrer Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht. Kurze Zeit später kommt es zu Angriffen auf Polizisten.

Linksextremisten werfen Flaschen und Pflastersteine in Richtung der Polizei. 
Linksextremisten werfen Flaschen und Pflastersteine in Richtung der Polizei. Jens Schlueter/AFP

Nach dem Urteil gegen die 28-jährige Studentin Lina E. und drei Mitangeklagte gingen am Samstag linke Sympathisanten in Leipzig auf die Straße. Es kam zu Krawallen und Angriffen auf Polizisten. Zuvor waren Anmelder mit ihrer Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht gegen das Verbot der linksradikalen „Tag X“-Demonstration in Leipzig gescheitert. 

Die Leipziger Polizei sprach nach den gewalttätigen Auseinandersetzungen von „massiven Ausschreitungen“ im Leipziger Süden. Es hätten rund 1500 Menschen an der Demonstration auf der Karl-Liebknecht-Straße teilgenommen, erklärte Polizeisprecher Olaf Hoppe in einem Videostatement am Samstagabend. „Darunter nach unser Einschätzung ein Drittel davon gewaltgeneigt oder gewaltsuchend.“ Zunächst war von 1000 Teilnehmern die Rede gewesen – angemeldet waren 100.

Um kurz vor 19 Uhr brachte die Polizei Wasserwerfer in Stellung und räumte die Straße. „Die Lage auf der Karl-Liebknecht-Straße wird unfriedlich. Unsere Kräfte werden immer wieder attackiert und mit Steinen/Pyrotechnik beworfen“, schrieb die Polizei bei Twitter. Man appelliere an alle Personen dort, sich von Straftätern zu distanzieren und friedlich zu verhalten. „Unbeteiligte werden gebeten, den Bereich zu verlassen bzw. zu meiden.“

Nach Angaben von dpa-Reportern gab es Böllerschüsse. Steine, Flaschen und ein Brandsatz flogen auf Polizisten. Mehrere Beamte wurden von Steinen und anderen Wurfgeschossen getroffen und verletzt, so der Polizeisprecher. Am späten Abend brannten in Connewitz mehrere Barrikaden aus Mülltonnen und Paletten.

Demonstranten in Leipzig noch am frühen Morgen eingekesselt

Bis die frühen Morgenstunden des Sonntags kesselte die Polizei Demonstranten ein. Das teilte ein Sprecher der Leipziger Polizei am Sonntagmorgen mit. Am Samstagabend hatte die Polizei begonnen, Personalien aufzunehmen. Insgesamt seien schätzungsweise 500 Menschen eingekesselt worden, hieß es.

Um Identitäten festzustellen, seien auch Demonstranten mit auf die Polizeiwache gebracht worden. Unter den Festgesetzten befanden sich nach Polizeiangaben auch mehrere Minderjährige, die zuerst überprüft werden sollten. Vereinzelt sei es zu Ausbruchsversuchen gekommen.

Einigen Demonstranten werden Straftaten wie schwerer Landfriedensbruch und tätliche Angriffe auf Einsatzkräfte zur Last gelegt. 

Die Stadt hatte die für Samstag geplante „Tag X“-Demo unter dem Motto „United we stand – Trotz alledem, autonomen Antifaschismus verteidigen!“ verboten. Grund waren Gewaltandrohungen in sozialen Netzwerken, die Gefahrenprognose der Polizei und Einschätzungen des Verfassungsschutzes. Beschwerden dagegen hatten unter anderem vor dem Verwaltungs- und dem Oberverwaltungsgericht in Sachsen keinen Erfolg. Stattdessen wurde nun unter dem Motto „Die Versammlungsfreiheit gilt auch in Leipzig“ demonstriert.

Hintergrund: Das Oberlandesgericht Dresden hatte die gebürtig aus Kassel stammende Lina E. am Mittwochvormittag schuldig gesprochen und sie wegen mehrerer Angriffe auf Rechtsextreme zu fünf Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt. Für ihre drei Mitangeklagten verhängte die Staatsschutzkammer Freiheitsstrafen zwischen zwei Jahren und fünf Monaten und drei Jahren und drei Monaten.

Kritik von Politiker an Vorgehen der Polizei: Sie hat es eskalieren lassen

Nach den Auseinandersetzungen bei der Demonstration in Leipzig gibt es Kritik der Linken am Vorgehen der Polizei. Ihr Parlamentsgeschäftsführer im sächsischen Landtag, Marco Böhme, warf der Polizei bei Twitter vor, sie habe die Lage durch das „faktische Verbot“ eskalieren lassen. Die Demonstration auf der Karl-Liebknecht-Straße lief zunächst friedlich an, eskalierte aber schließlich. Die Polizei ließ die Demonstranten nicht weiterlaufen und forderte, Vermummungen abzunehmen – schließlich wurde die Versammlung aufgelöst.