Während Beobachter derzeit vor allem über den Beginn der ukrainischen Gegenoffensive spekulieren, verfangen sich die russischen Streitkräfte offenbar immer weiter in internen Konflikten mit der eigentlich verbündeten Söldnergruppe Wagner. Nun ist ein Video aufgetaucht, auf dem ein zuvor von Wagner-Truppen gefangen genommener russischer Soldat von Misshandlung und Folter durch die Söldner berichtet.
Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin hatte vor einigen Tagen ein Video veröffentlicht, auf dem der russische Oberstleutnant Roman Venevitin zu sehen ist. In einem Verhör gibt dieser – augenscheinlich unter großem Druck – zu, aus „persönlicher Abneigung“ und in betrunkenem Zustand auf verbündete Wagner-Kämpfer geschossen zu haben. Menschenrechtsaktivisten zufolge soll der Mann zu den Aussagen gezwungen worden sein. Nach seiner Freilassung hat sich Venevitin nun zu den Hintergründen des Verhörvideos geäußert.
Venevitin: Russische Soldaten von Wagner „wie Sklaven“ behandelt
Spannungen zwischen Soldaten der russischen Armee und Wagner-Angehörigen habe es schon seit längerem gegeben, erklärt Venevitin in dem Video. So hätten sich Wagner-Truppen wiederholt an russischem Kriegsgerät bedient, unter anderem Panzer und Munition gestohlen. Auch Kidnapping und Folter würden immer wieder vorkommen. Teilweise sollen russische Soldaten von Wagner-Truppen gefangen genommen und als „Arbeitskräfte wie Sklaven“ behandelt worden sein.
In einem Fall sei ein russischer Unteroffizier entführt und in einem „kalten Keller“ gefangen gehalten worden. „Sie folterten ihn mit Hunger und sprühten Säure und andere Chemikalien in seine Augen“, erzählt Venevitin in dem Video. Der Mann sei kurzzeitig erblindet. Ein anderer Soldat habe aufgrund der Misshandlungen und Entwürdigungen durch Wagner-Söldner Suizid begangen. Für diese und weitere Vorfälle gebe es Zeugenberichte.
Commander of the Russian 72nd Brigade, Roman Venevitin, who was previously captured and interrogated by Wagner, was released, and recorded the following statement.
— Dmitri (@wartranslated) June 8, 2023
Venevitin says Wagner is known for numerous cases of kidnapping Russian soldiers, threatening them with shooting,… pic.twitter.com/NeHs2FM3ac
Wagner-Chef erhebt Vorwürfe gegen Verteidigungsministerium
Die Wagner-Gruppe erhebt derweil ihrerseits schwere Vorwürfe gegen die russische Armee und deren Kommandeure in Moskau. Vor kurzem sei es zu Vorfällen gekommen, bei denen russische Soldaten auf Wagner-Truppen geschossen und eine Straße in der Nähe von Wagner-Stellungen vermint hätten. Venevitin dementiert diese Berichte in dem Video vom Donnerstag.
Der Wahrheitsgehalt der jeweiligen Darstellungen lässt sich unabhängig nicht überprüfen. Deutlich wird jedoch, dass ein immer tieferer Graben durch die russischen Besatzungskräfte zu gehen scheint – was wiederum Auswirkungen auf den Erfolg von Wladimir Putins „militärischer Spezialoperation“ in der Ukraine haben könnte.



