Nahost

„Übernahme in Syrien“: Türkei reagiert auf Trump-Vorwurf und stellt Forderung an die USA

Wer profitiert vom Machtwechsel in Syrien? Spekulationen und Vorwürfe sorgen für außenpolitische Spannungen. Der türkische Außenminister versucht, einiges klarzustellen.

Der türkische Außenminister Hakan Fidan
Der türkische Außenminister Hakan FidanAris Messinis/AFP

Der Machtwechsel in Syrien sorgt weiterhin für viele Spekulationen. Der Iran wirft den USA und Israel vor, hinter dem Sturz des Regimes von Präsident Bashar al-Assad zu stecken. Viele westliche Beobachter sind dagegen überzeugt, dass die Türkei mitgemischt habe. Ihrer Meinung nach würde das Land mit Präsident Recep Tayyip Erdogan, der den syrischen Präsidenten einst als „Schlächter“ bezeichnet hatte, davon politisch und wirtschaftlich profitieren

Der designierte US-Präsident Donald Trump sagte auf einer Pressekonferenz Anfang der Woche, die Türkei sei „sehr klug“ und habe in Syrien „eine unfreundliche Übernahme durchgeführt, ohne viele Menschenleben zu verlieren“. Die Worte kamen in Ankara nicht gut an.

In einem Interview mit Al-Dschasira, das am Mittwoch ausgestrahlt wurde, sagte der türkische Außenminister Hakan Fidan, es wäre „ein schwerer Fehler“, die aktuellen Ereignisse in Syrien als eine Übernahme durch die Türkei zu bezeichnen. „Für das syrische Volk ist es keine Übernahme. Ich denke, wenn es eine Machtübernahme gibt, dann ist es der Wille des syrischen Volkes, der jetzt die Macht übernimmt“, so Fidan.

Türkei sieht sich nach eigenen Angaben nicht als regionale Macht in Syrien

Der Außenminister betonte zudem, das „Letzte“, was die Türkei wolle, sei, als regionale Macht gesehen zu werden, die die endgültige Kontrolle über Syrien habe, und verwies auf eine Kultur der Vorherrschaft, die die Region in den Ruin getrieben habe. „Nicht die türkische Vorherrschaft, nicht die iranische Vorherrschaft, nicht die arabische Vorherrschaft, sondern die Zusammenarbeit sollte im Vordergrund stehen“, sagte er.

Fidan äußerte sich auch zu US-Medienberichten, in denen vermutet wurde, dass das türkische Militär bereit sein könnte, eine größere Militäroffensive in Syrien zu starten, um dort die kurdischen Kräfte zu zerschlagen. Der türkische Außenminister verwies dabei auf die YPG (Volksschutzeinheiten), die er als „wesentliche Bedrohung“ für sein Land sieht.

Die bewaffnete Gruppe der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) wird von der Türkei und dem Westen als „terroristische Organisation“ eingestuft. Die YPG habe ihre Kontrolle über ein Gebiet in Syrien aufrechterhalten, indem sie sich als Helfer des Westens im Kampf gegen den Islamischen Staat (IS) dargestellt habe, so der Außenminister weiter. „Ich denke, das ist eine falsche Darstellung ihrer wahren Identität. Sie sind dort eine terroristische Organisation“, sagte Fidan. „Leider verschließen unsere westlichen Freunde die Augen vor der Tatsache, dass die YPG ein verlängerter Arm der PKK ist“, sagte er und fügte hinzu, dass Ankara Washington aufgefordert habe, seine militärische Unterstützung für die demokratischen Kräfte Syriens, zu denen die YPG gehört, einzustellen.

Türkei: Bleiben bis zur „Entwaffnung“ kurdischer Kämpfer im Grenzgebiet

Wie die Nachrichtenagentur AFP am Donnerstag meldete, will die Türkei ihre Truppen so lange an der türkisch-syrischen Grenze lassen, bis die kurdischen Kämpfer im Norden Syriens „die Waffen niederlegen“. Die Bedrohung an der Grenze bestehe weiterhin, erklärte ein Sprecher des türkischen Verteidigungsministeriums am Donnerstag. „Unsere Vorbereitungen und Maßnahmen im Rahmen unseres Kampfes gegen den Terrorismus werden fortgesetzt, bis die Terrororganisation PKK/YPG ihre Waffen niederlegt und ihre ausländischen Kämpfer Syrien verlassen.“

In den von Kurden gehaltenen Gebieten im Norden Syriens gibt es regelmäßig Zusammenstöße zwischen von der Türkei unterstützten Gruppen und den von den USA unterstützen demokratischen Kräften Syriens (SDF).

Seit 2016 hat die Türkei, die eigenen Angaben zufolge über Tausende Soldaten im Norden Syriens verfügt, mehrere größere Einsätze gegen die SDF vorgenommen. Derzeit wird ein Angriff pro-türkischer Gruppen auf die von kurdischen Kräften gehaltene syrische Stadt Kobane an der türkischen Grenze befürchtet.