Türkei

Ekrem Imamoglu: Türkische Staatsanwaltschaft fordert 2352 Jahre Haft für Erdogan-Rivalen

Die türkische Staatsanwaltschaft klagt den Erdogan-Gegner in 142 Punkten an. Hunderte Jahre Haft drohen. Was wird ihm vorgeworfen?

Ekrem Imamoglu, ehemaliger Oberbürgermeister von Istanbul, steht im Juli 2024 bei einem Empfang im Rathaus vor einer türkischen Fahne.
Ekrem Imamoglu, ehemaliger Oberbürgermeister von Istanbul, steht im Juli 2024 bei einem Empfang im Rathaus vor einer türkischen Fahne.Oliver Berg/dpa

In der Türkei hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den inhaftierten ehemaligen Istanbuler Bürgermeister Ekrem Imamoglu erhoben. Wie aus der am Dienstag veröffentlichen Anklageschrift hervorgeht, werden dem Rivalen von Präsident Recep Tayyip Erdogan 142 Anklagepunkte zur Last gelegt, darunter die Leitung einer kriminellen Vereinigung und verschiedene Korruptionsdelikte. Im Falle einer Verurteilung drohen Imamoglu dem Staatssender TRT zufolge bis zu 2352 Jahre Haft.

Die Annahme der Anklageschrift durch das Gericht gilt als Formsache. Imamoglu ist ein aussichtsreicher Herausforderer von Präsident Erdogan. Der Sender CNN Türk berichtete, die Anklageschrift sei 3900 Seiten lang und umfasse insgesamt 402 Verdächtige. Ein Anwalt der Partei Imamoglus sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Anschuldigungen seien völlig haltlos. Er erwarte einen Freispruch am Ende des Verfahrens. Imamoglu selbst bestreitet die Vorwürfe.

Größte Proteste seit mehr als zehn Jahren in der Türkei

Imamoglu war im März unter Terror- und Korruptionsvorwürfen festgenommen und als Bürgermeister abgesetzt worden. Er sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Das Vorgehen gegen den Politiker hatte die größten Proteste seit mehr als zehn Jahren in der Türkei ausgelöst. Kritiker sehen das Vorgehen als gezielten Versuch der Regierung, die stärkste Oppositionspartei im Land auszuschalten.

Die Partei CHP war 2024 überraschend als landesweit stärkste Kraft aus den Kommunalwahlen hervorgegangen – was viele als mögliche Vorstufe zu einer Ablösung der AKP-Regierung von Präsident Erdogan deuteten.

Seither steht die säkular ausgerichtete CHP unter Druck. Hunderte ihrer Mitglieder wurden festgenommen und 17 ihrer Bürgermeister verhaftet. Die Regierung weist Kritik an dem Vorgehen zurück und nennt die Justiz im Land unabhängig. Internationale Organisationen und auch die EU-Kommission stellen dies allerdings infrage.

26.10.2025, Türkei, Istanbul: Eine Frau hält eine Maske mit dem Gesicht des inhaftierten oppositionellen Bürgermeisters von Istanbul, Ekrem Imamoglu, während einer Kundgebung zu seiner Unterstützung hoch
26.10.2025, Türkei, Istanbul: Eine Frau hält eine Maske mit dem Gesicht des inhaftierten oppositionellen Bürgermeisters von Istanbul, Ekrem Imamoglu, während einer Kundgebung zu seiner Unterstützung hochEmrah Gurel/AP