Kundgebung

Sylt gegen rechts: Hunderte protestieren gegen Skandal-Video und Rassismus

Nach dem Skandal-Video von Sylt demonstrieren am Sonntag mehr als 500 Menschen auf der Insel gegen Rechtsextremismus. Unser Reporter ist vor Ort. 

Westerland auf Sylt: Nela Riehl, Kandidatin der Partei Volt für das EU-Parlament, spricht vor dem Rathaus bei der Demo gegen rechts.
Westerland auf Sylt: Nela Riehl, Kandidatin der Partei Volt für das EU-Parlament, spricht vor dem Rathaus bei der Demo gegen rechts.Bodo Marks/dpa

Nach dem Skandal-Video und dem rassistischen Gegröle auf der Nordseeinsel Sylt haben am Sonntagnachmittag in Westerland Hunderte Menschen gegen Rechtsextremismus demonstriert. Ein linkes Bündnis um die Gruppe „Sylt gegen rechts“ hatte dazu aufgerufen. Nach Angaben der Polizei beteiligten sich mehr als 500 Teilnehmer, erwartet wurden bis zu 800. Die meisten von ihnen waren Einheimische. 

Damit lag die Zahl der Demonstranten weitaus höher als am Vortag, als nur eine kleine Gruppe von etwa zehn Punks unter dem Motto „Laut sein gegen rechts!“ durch Westerland zog. Am Abend fand noch eine Mahnwache mit Musik an der Gaststätte Pony Club im Ort Kampen statt, in der Besucher an Pfingsten die rechtsextremistischen Parolen gesungen hatten. Unter den sieben Teilnehmern der Mahnwache waren Sylt-Einheimische, aber auch Leute aus Hamburg und Berlin.

„Rassismus ist in Deutschland an der Tagesordnung“

Am Sonntag war das Bild ein anderes: Der Rathausplatz in Westerland war voll von Menschen. „Wir zeigen klare Kante: Rassismus und rechtsextremes Gedankengut haben keinen Platz auf Sylt. Egal ob Inselbewohner oder Tourist, wir stehen für eine bunte und lebenswerte Insel“, erklärte das Bündnis „Sylt gegen rechts“.

Die Musiker Bruneau und Mondmann aus Berlin spielten ihre Songs. Sie traten bereits auf Demonstrationen von Klimaschutzorganisationen auf und spielten auch bei den großen Anti-AfD-Demos Anfang des Jahres.

In einer Rede sagte die Volt-Europawahl-Spitzenkandidatin Nela Riehl: „Das hier ist Sylt, nicht, was wir letzte Woche im Fernsehen gesehen haben. Wir leben in einer Zeit, wo Rassismus und faschistische Gesinnung wieder salonfähig geworden sind.“ Eine schleswig-holsteinische Landtagsabgeordnete der dänischen Minderheitspartei SSW sagte kurz darauf: „Rassismus ist in Deutschland an der Tagesordnung, wir setzen ein Zeichen dagegen.“ Sie erinnerte außerdem an den vor fünf Jahren ermordeten Regionalpolitiker Walter Lübke und daran, dass der Mörder Stephan Ernst vor der Tat bei der AfD aktiv gewesen war.

Guten Morgen, Berlin Newsletter
Vielen Dank für Ihre Anmeldung.
Sie erhalten eine Bestätigung per E-Mail.

„L’amour toujours“ wird vielerorts verboten

Am vergangenen Wochenende hatte ein kurzes Video von einer Party in einem Lokal auf Sylt bundesweit Empörung ausgelöst, weil Gäste zum Lied „L’amour toujours“ von Gigi D’Agostino rassistische Parolen wie „Ausländer raus“ und „Deutschland den Deutschen“ grölten. Auch in anderen Teilen Deutschlands wurden ähnliche Vorfälle bekannt. Das Abspielen des Partyhits soll nun auf dem Oktoberfest verboten werden. Auch die österreichische Fußballnationalelf darf das Lied, das sie oft als Torhymne benutzte, bei der EM nicht spielen. Das entscheid die Uefa. 

Das Video verbreitete sich rasant im Netz. Politiker bis hin zu Kanzler Olaf Scholz zeigten sich entsetzt. Die Flensburger Staatsanwaltschaft ermittelt im Sylter Fall mittlerweile wegen des Verdachts der Volksverhetzung gegen eine Frau und zwei Männer, gegen einen der Männer außerdem wegen des Verdachts, Kennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation verwendet zu haben. Eine Hamburger Hochschule prüft derzeit eine mögliche Exmatrikulation einer mutmaßlich beteiligten Studentin. Mindestens zwei der im Sylter Fall Identifizierten verloren ihren Job.