Jens Spahn, die Corona-Masken und kein Ende: Ein interner Bericht bringt den ehemaligen Bundesgesundheitsminister und jetzigen Fraktionsvorsitzenden der Union in Bedrängnis. Nach einem Medienbericht soll Spahns Ministerium trotz großer Widerstände ein Logistikunternehmen zum zentralen Beschaffer der Masken gemacht haben.
Das 170 Seiten starke Dokument enthält laut WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung brisante Details. Demnach handelte es sich um die Firma Fiege aus Münster, dem Nachbar-Wahlkreis Spahns. Dieser beauftragte den Logistiker, Masken, Schutzkleidung und Desinfektionsmitteln zu verteilen.
Laut dem Bericht der Sonderermittlerin in Sachen Maskendeal, Margaretha Sudhof, kam es zu Unstimmigkeiten mit dem Bundesbeschaffungsamt. Dieses soll sich geweigert haben, die Wahl des Logistikers gutzuheißen, nachdem dieser zuvor schon vom Gesundheitsministerium beauftragt worden war. Denn der Krisenstab der Bundesregierung hatte bereits ein Logistikkonzept erstellt und war mit den Branchenriesen DHL und Schenker in Gesprächen.
Daraufhin soll sich das Gesundheitsministerium direkt an das dem Beschaffungsamt übergeordnete Innenministerium gewandt und „händeringend“ darum gebeten haben, die Firma Fiege als Logistiker einzusetzen. Die Vergabepraxis hat nach Sudhofs Ansicht dazu geführt, dass die Maskenverteilung am Ende kollabierte.
Der interne Bericht liegt seit Januar als Verschlusssache „Nur für den Dienstgebrauch“ vor. In Auftrag gegeben hatte die Untersuchung der damals noch amtierende Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Bislang habe sich das Gesundheitsministerium unter der neuen Ministerin Nina Warken (CDU) geweigert, den Bericht dem Bundestag vorzulegen, so die Recherchegruppe von WDR, NDR und SZ.
Spahn ist schon seit längerem in Erklärungsnot. Mehrere Unternehmen gehen gegen das Gesundheitsministerium juristisch vor. Zuletzt wurde beim Landgericht Bonn Klage eingereicht. Das Verfahren dreht sich um insgesamt 480 Millionen Euro.
Die Firmen hatten innerhalb der ursprünglichen Lieferfrist dem Staat zwar keine Masken geliefert, wären aber bereit, diese nachzuliefern, allerdings zum damals vereinbarten Preis von 4,50 Euro pro FFP2-Maske. Inzwischen ist so ein Mund-Nasen-Schutz deutlich günstiger zu haben, bereits für zehn Cent pro Stück.
Anfang des Jahres hatte das Oberlandesgericht Köln in einem vergleichbaren Fall zugunsten eines Lieferanten entschieden. Der Bund darf einen Maskendeal nicht unter Verweis auf einen verpassten Liefertermin scheitern lassen, befand der 8. Senat des Gerichts in zweiter Instanz. Schon im vergangenen Sommer hatte der 6. Senat in einem anderen Fall auf die gleiche Weise argumentiert. In diesen Fällen geht es ebenfalls um Millionensummen.
Doch selbst wenn alle Klagen am Ende abgewiesen werden sollten, müssen die Steuerzahler schon jetzt für immense Summen geradestehen: Allein für die gerichtlichen Auseinandersetzungen hat der Staat einen hohen zweistelligen Millionenbetrag aufgewendet. Das ergab eine schriftliche Anfrage der Bundestagsfraktion der AfD, zu der die Antwort im Mai vorlag.


