Der russische Feldkommandeur Alexander Chodakowski hat Moskauer Erfolgsmeldungen über das Scheitern einer ukrainischen Großoffensive im Donbass widersprochen. Bisher werde der Feind „von Erfolg begleitet“, schrieb Chodakowski am Montag auf seinem Telegram-Kanal. Seiner Darstellung nach handelt es sich bei den Angriffen westlich von Wuhledar um eine begrenzte taktische Operation der Ukrainer. Chodakowski leitete seit 2014 die Brigade „Wostok“ der Separatisten im Donbass-Gebiet. Seine Einheiten wurden nach Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine in die russische Nationalgarde eingegliedert.
Zunächst hätten die ukrainischen Truppen den Eindruck erweckt, den Druck auf den Frontabschnitt Welika Nowosilka zu verstärken, wo ihnen Sonntag bereits ein Durchbruch gelungen sei. Währenddessen sei ein Stoßtrupp fast unbemerkt weiter östlich bei der Ortschaft Nowodonezke vorgedrungen. „Traditionell den Funkverkehr störend, ist es dem Feind gelungen, uns in eine schwierige Lage zu bringen“, schrieb Chodakowski. Die Lage sei im Fluss.
Armeesprecher Igor Konaschenkow meldete Erfolg russischer Truppen
Russland hatte nach eigenen Angaben zuvor eine „großangelegte Offensive“ der Ukraine im Donbass zurückgedrängt. „Am Morgen des 4. Juni hat der Feind eine großangelegte Offensive in fünf Bereichen der Front im Süden der Region Donezk gestartet“, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau in der Nacht zum Montag mit. Kiew, das sich seit Monaten auf eine große Gegenoffensive vorbereitet, bestätigte eine derartige Militäraktion zunächst nicht.
Die ukrainischen Truppen hätten „den aus ihrer Sicht schwächsten Bereich der Front angegriffen“, erklärte das russische Verteidigungsministerium. „Der Feind hat sein Ziel nicht erreicht, er hat es nicht geschafft“, hieß es weiter. Im Messengerdienst Telegram veröffentlichte das Ministerium ein Video, das aus der Luft gefilmte ukrainische Panzerfahrzeuge unter starkem Beschuss zeigen soll. Wo die Kämpfe stattfanden, wurde nicht mitgeteilt.
Von Wagner-Chef Prigoschin beleidigt: Generalstabschef Waleri Gerassimow
Der russische Generalstabschef Waleri Gerassimow habe sich „in dieser Zeit in einem der vorgelagerten Kommandoposten aufgehalten“, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau weiter mit. Gerassimow, der im Januar zum Obersten Kommandeur der Streitkräfte in der Ukraine ernannt worden war, wird immer wieder vom Chef der russischen Söldnergruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, kritisiert und beleidigt. Prigoschin macht Gerassimow sowie Verteidigungsminister Sergej Schoigu dafür verantwortlich, dass in der Ukraine „zehntausende“ russische Kämpfer getötet oder verletzt wurden, weil sie nicht mit genügend Munition ausgestattet worden seien.
Den russischen Angaben zufolge führte die ukrainische Armee die Offensive mit sechs mechanisierten Bataillonen und zwei Panzerbataillonen aus. Donezk gehört zu den vier Regionen, die Russland im September für annektiert erklärt hatte. Bei den anderen handelt es sich um Luhansk, Saporischschja und Cherson.
Regionen Sumy und Charkiw beschossen: Zwei Tote
Die ukrainischen Behörden erwähnten die von Moskau gemeldeten Ereignisse zunächst nicht. Gleichzeitig berichtet das ukrainische Nachrichtenportal Kyiv Independent, dass in der Nacht zu Montag die Region Sumy sowie die Region Charkiw beschossen wurden. In Sumy wurden zwei Menschen verletzt. In Charkiw wurden demnach zwei Frauen getötet und drei Menschen verletzt.
Ukrainische Großoffensive seit Monaten in Planung
Die Ukraine bereitet sich nach eigenen Angaben seit Monaten auf eine Gegenoffensive vor. In einem am Sonntag veröffentlichten Video schien die ukrainische Armee die Soldaten aufzufordern, Stillschweigen zu bewahren, und sie erklärte, es werde keine Ankündigung über den Beginn der erwarteten Offensive geben.
In der russischen Region Belgorod an der Grenze zur Ukraine gab es nach Angaben des Gouverneurs am Sonntag Gefechte zwischen der russischen Armee und pro-ukrainischen russischen Kämpfern. Eine „Sabotagegruppe“ sei in den Ort Nowaja Tawolschanka eingedrungen, dort werde gekämpft, teilte der Gouverneur von Belgorod, Wjatscheslaw Gladkow, im Onlinedienst Telegram mit. Mit Blick auf die Eindringlinge merkte er an: „Ich hoffe, sie werden alle vernichtet.“
Zugleich erklärte sich Gladkow zu Verhandlungen mit pro-ukrainischen russischen Kämpfern bereit, die sich zu Angriffen in der Grenzregion bekannt hatten, um „unsere Leute“ aus ihren Händen zu befreien.
Russland meldet: Ukrainische „Terrorgruppe“ in Belgorod aufgehalten
Die Äußerungen des Gouverneurs waren die erste Bestätigung von offizieller russischer Seite, dass pro-ukrainische Kämpfer auf russischem Gebiet Gefangene gemacht haben.
Die russische Armee erklärte indes, eine ukrainische „Terrorgruppe“ am Vordringen nach Belgorod gehindert zu haben. Die Grenzsicherung habe am Sonntag bemerkt, dass „eine Sabotagegruppe ukrainischer Terroristen“ versuchte, „den Fluss in der Nähe der Ortschaft Nowaja Tawolschanka zu überqueren“, hieß es. „Der Feind wurde von der Artillerie getroffen (...) und zog sich zurück“, erklärte die Armee.




