Im RBB-Skandal rund um die ehemalige Intendantin Patricia Schlesinger, der seit Sommer 2022 Vetternwirtschaft vorgeworfen wird, kommen immer mehr Details zu unverhältnismäßigen Gehältern beim Sender ans Licht. Mit dem Beginn von Schlesingers Amtszeit im Jahr 2016 gab es einige Positionswechsel. „Die damalige Intendantin setzt ihr vertraute Personen auf wichtige Posten. Andere sollen gehen“, heißt es in einem Bericht des RBB vom Donnerstag. Zwei Beispiele werden aufgeführt: Ein ehemaliger Juristischer Direktor und eine ehemalige Programmdirektorin kassierten dem Bericht zufolge doppelt und dreifach ein.
Beide verließen den Sender Ende 2016, der Juristische Direktor beendete somit seine 18-jährige Tätigkeit beim RBB. „Der Abschied wird ihnen mit einem goldenen Handschlag offenbar leicht gemacht“, berichtete der RBB. Der Jurist erhielt anschließend einen anderen Job innerhalb der ARD. Von nun an war er fachlich „der und dem ARD-Vorsitzenden zugeordnet“, hieß es dem Bericht zufolge in seinem Dienstvertrag, der mit neun Rundfunkanstalten abgeschlossen wurde. Den ARD-Vorsitz hatte damals der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR). Sein Vertrag wurde jedoch von Patricia Schlesinger unterschrieben.
Nach Informationen des RBB soll sein Jahresgehalt mehr als 200.000 Euro plus eine monatliche Aufwandsentschädigung von 250 Euro plus 350 Euro Kfz-Pauschale betragen haben, überwiesen vom RBB. Zu seinem Gehalt will sich der Jurist den Angaben nach nicht äußern. Nach zwei Jahren wurde sein Vertrag nicht verlängert, weil es Kritik innerhalb der ARD gegeben haben soll.
Ehemaliger Juristischer Direktor kassierte Gehalt vom BR plus Ruhegeld vom RBB
Doch Anfang 2019 übernahm er einen neu geschaffenen Posten für vier weitere Jahre. Als Rundfunkdatenschutzbeauftragter für fünf öffentlich-rechtliche Anstalten, den Bayerischen Rundfunk (BR), den Saarländischen Rundfunk (SR), den Westdeutschen Rundfunk (WDR), das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) sowie das Deutschlandradio (DR), erhielt der Jurist bis Ende 2020 sein außertarifliches Gehalt von monatlich rund 18.700 Euro vom RBB. Die anderen Anstalten erstatteten dem Sender ihren Anteil.
Mit dem Ende seines Vertrages bezog er dann ab dem 1. Januar 2021 sein vertraglich zugesichertes Ruhegeld in Höhe von rund 12.000 Euro monatlich. Zusätzlich zum Ruhegeld habe er „Einkünfte aus selbstständiger und nichtselbständiger Tätigkeit oder/und anderer Versorgungsleistungen bis zu 90 Prozent des Nettobetrages aus der zuletzt vereinbarten Gesamtvergütung“ beziehen können, heißt es in dem Bericht. Er arbeitete demnach weiter als Datenschutzbeauftragter auf Honorarbasis für die fünf Rundfunkanstalten, abgerechnet über den BR.
Auf Anfrage bestätigt der Jurist dem RBB: „In den beiden letzten Jahren meiner Tätigkeit bestand mein ‚Gehalt‘ aus dem Ruhegeld und einem Honorar. Zahlenangaben kommentiere ich generell nicht.“ Diese Vertragsgestaltung könnte laut Peter Meyer, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Berlin, sittenwidrig sein. „In einem ARD-Verbund sollten Verdienste gegengerechnet werden. Diese Verträge sollte der RBB überprüfen lassen“, teilte er laut Bericht mit. Genau das werde nun getan.
Ehemalige RBB-Programmdirektorin erhielt Gehalt, Ruhegeld und Abfindung
Ähnliche Doppel- und sogar Dreifachzahlungen gab es offenbar in dem Fall der ehemaligen RBB-Programmdirektorin, die ebenfalls Ende 2016 den Sender verließ und dann Professorin für Journalismus wurde. Den Sender verließ sie jedoch schon vor dem vertraglich vereinbarten Ende ihrer Tätigkeit, ihr Monatsgehalt von 15.600 Euro erhielt sie weiterhin.
Danach bekam sie nach Informationen von RBB24-Recherche ihr vertraglich zugesichertes Ruhegeld und zusätzlich dazu noch eine Abfindung vom Sender in Höhe von 240.000 Euro. Diese erhielt sie den Angaben zufolge „als Entschädigung für die vorzeitige Beendigung ihrer Amtszeit und den Verlust ihrer Anstellung“. So war es im Aufhebungsvertrag geregelt, der laut RBB die Unterschrift von Schlesinger trägt.
Nach Informationen von RBB24-Recherche gab es im Dezember 2023 für sie erste Konsequenzen: Ihre monatliche Ruhegeldzahlung von zuletzt rund 8200 Euro wurde Ende des Jahres eingestellt. Auf RBB-Anfrage erklärte die ehemalige Direktorin, dass sie beim „Weggang vom RBB Verschwiegenheit vereinbart“ habe. „Daran halte ich mich“, teilte sie weiter mit. Auf die Frage, ob sie wegen der Einstellung der ihr vertraglich zugesicherten Ruhegeldzahlungen gegen den RBB vorgehen wird, wolle sie sich „nicht äußern“. Anfragen von RBB24-Recherche an den Anwalt von Patricia Schlesinger blieben offenbar unbeantwortet.
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