Bei Schüssen an einer Schule in Graz sind am Dienstagvormittag mehrere Menschen getötet worden. Cobra-Spezialeinsatzkräfte und ein Polizeihubschrauber waren kurz darauf vor Ort, insgesamt waren 300 Polizisten im Einsatz, wie es am Nachmittag hieß. Die Polizei Steiermark bestätigte, dass zehn Menschen getötet worden seien, mindestens zwölf weitere wurden verletzt, teilweise schwer. Sechs der neun Getöteten waren laut Innenminister Gerhard Karner weiblich, drei männlich.
Der zehnte Tote ist der mutmaßliche Täter, der sich selbst in einer Toilette umgebracht haben soll. Bei ihm handelt es sich der Polizei zufolge um einen 21-jährigen ehemaligen Schüler der Schule aus dem Raum Graz. Zwei Schusswaffen wurden als Tatwaffen festgestellt. Der Täter dürfte sie legal besessen haben, wie die Polizei am Nachmittag in einer Pressekonferenz mitteilte. Man gehe derzeit davon aus, dass er allein gehandelt hat. Die Ermittlungen zur genauen Motivlage dauern jedoch an.
Abschiedsbrief und -video aufgetaucht
Hinweise könnte ein Abschiedsbrief geben, den er hinterlassen hat. Die Polizei habe ein in analoger und digitaler Form vorliegendes Dokument sichergestellt, sagte der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Franz Ruf, im ORF-Fernsehen. Das Schreiben gebe aber keinen Hinweis auf das Motiv des Schützen, so Ruf. Medien hatten spekuliert, dass der junge Mann in seiner Schulzeit wohl gemobbt worden sei.
Der Schütze soll seiner Mutter außerdem ein Abschiedsvideo hinterlassen haben. Darin soll er die Tat angekündigt und gesagt haben, „aus freien Stücken“ zu handeln. Das berichtet „heute.at“. Demnach soll die Mutter das Video innerhalb von 24 Minuten nach Versenden gesehen und direkt bei der Polizei gemeldet haben. In dem Bericht heißt es auch, bei der Durchsuchung seines Wohnortes soll eine Rohrbombe sichergestellt worden sein.
Erster Notruf ging gegen 10 Uhr bei der Polizei ein
Polizeikräfte waren am Morgen zu der Schule ausgerückt, nachdem gegen 10 Uhr Schüsse und Schreie im Gebäude gehört wurden. „Die Lage ist zurzeit sehr unklar. Es könnte sich aber um eine Amoklage handeln“, sagte ein Polizeisprecher gegenüber der österreichischen Nachrichtenagentur APA zunächst. Die Schule wurde evakuiert, Schüler und Lehrer zu einem sicheren Treffpunkt geleitet. Für die Eltern wurde ein Sammelplatz eingerichtet. „Es wird von keiner weiteren Gefahr ausgegangen“, teilte die Polizei im Onlinedienst X um kurz nach 11.30 Uhr mit.
Bei der betroffenen Schule handelt es sich um ein Bundesoberstufenrealgymnasium in der Dreierschützengasse unweit des Grazer Hauptbahnhofs.
Der Vater eines Schülers hat nach dem Amoklauf über die Tat gesprochen. Sein Sohn sei der Schule gewesen und habe angerufen, berichtete der Vater in einem Video des Senders Puls24. Der Amokläufer in Graz habe in einem Klassenzimmer auf Schülerinnen und Schüler geschossen. Sein Sohn habe berichtet, dass er sich auf den Boden geworfen und tot gestellt habe.
„Ich habe mit eigenen Augen gesehen: drei Kollegen sind getötet worden in der Schule“, berichtete der Vater dem Sender, was sein Sohn am Telefon erzählt habe. Er sei unverletzt geblieben. Sein zweiter Sohn sei erst nicht zu erreichen gewesen, berichtete der Vater, dem mehrfach die Stimme brach. Er habe große Sorge gehabt. Der Sohn habe sich dann aber aus der Halle gemeldet, in die alle überlebenden und nicht verletzten Schülerinnen und Schüler gebracht worden waren.
Die Schule wird nach Angaben eines Sprechers des Bildungsministeriums diese Woche keinen normalen Betrieb anbieten. Es gehe in diesem Moment um Angebote, die helfen könnten, die Trauer und Verzweiflung irgendwie zu verarbeiten.

Nach Amoklauf: Österreich verhängt Staatstrauer
Österreich wird nach den tödlichen Schüssen in einer Schule in Graz der Opfer mit einer dreitägigen Staatstrauer gedenken. Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) werde den Beschluss der Bundesregierung am Nachmittag offiziell verkünden, sagte eine Sprecherin des Kanzleramts der Deutschen Presse-Agentur. Die Flaggen an Präsidentschaftskanzlei und Bundeskanzleramt sowie an anderen offiziellen Gebäuden würden auf halbmast gesetzt.
Der österreichische Regierungschef Stocker sprach von einer „nationalen Tragödie“ und einer „unfassbaren Tat“. „Die Steiermark weint“, sagte der Landeshauptmann Mario Kunasek. Die Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr sprach von einer „fürchterlichen Tragödie“ sowie einem „tieftraurigen Tag“.
Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprach seine Anteilnahme aus. „Mit großer Bestürzung und tiefer Trauer habe ich von der Gewalttat in Graz erfahren, bei der so viele unschuldige Menschen ihr Leben verloren haben“, hieß es in einem Kondolenzschreiben an seinen österreichischen Amtskollegen Alexander van der Bellen. „Ihre deutschen Nachbarn sind im Herzen bei Ihnen“, so Steinmeier.
Ähnlich äußerte sich auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) in einem Telegramm an seinen Amtskollegen Christian Stocker (ÖVP). „Es erschüttert mich zutiefst, dass junge Menschen so jäh aus dem Leben gerissen wurden“, so Merz.
Unterdessen zeigen sich die Sicherheitsbehörden in Österreich offen für eine Debatte über das Waffenrecht. Es gelte, den Fall genau zu analysieren und zu prüfen, ob die gesetzlichen Vorgaben lückenhaft seien und gegebenenfalls nachgeschärft werden müssten, sagte Ruf.(mit dpa)



