Berlin-Vor rund fünf Monaten sollen zwei Männer ihre ältere Schwester aus gekränktem Ehrgefühl ermordet und die Leichen in einem großen Rollkoffer nach Bayern gebracht und dort vergraben haben. Nun hat die Staatsanwaltschaft Berlin Anklage gegen die beiden 26 und 22 Jahre alten afghanischen Brüder Sayed und Seyed H. erhoben. „Wir werfen ihnen Mord aus niedrigen Beweggründen vor“, sagte Martin Steltner, der Sprecher der Staatsanwaltschaft, am Dienstag der Berliner Zeitung. Das Motiv: Die Angeklagten hätten ihre Schwester Maryam H. mit der Tat gezielt für ihren westlich orientierten Lebenswandel bestrafen wollen.
Laut Anklage sollen Sayed und Seyed H. ihre 34 Jahre alte Schwester am 13. Juli dieses Jahres unter einem Vorwand zu einem Treffen gelockt und sie am Nachmittag gemeinschaftlich getötet haben, indem sie die Mutter zweier Kinder gedrosselt, gewürgt und ihr zum Schluss die Kehle aufschnitten haben. Die Leiche der Afghanin sollen sie dann in einen bereitstehenden großen Rollkoffer gelegt und mit einem Taxi zum Bahnhof Südkreuz gefahren haben.
Fotos aus einer Überwachungskamera sollen damals gezeigt haben, wie die beiden jungen Männer den riesigen Koffer durch den belebten Bahnhof zogen und ihn gemeinsam in einen ICE hievten. Mit dem Zug sollen Sayed und Seyed H. dann nach Bayern gefahren sein. Die Leiche sollen sie in einem Wald in der Nähe von Holzkirchen, dem Wohnort des älteren Bruders, vergraben haben.
Maryam H. war im Alter von 16 Jahren verheiratet worden. 2015 kam sie laut Staatsanwaltschaft mit einem ihrer Brüder und den beiden Kindern nach Berlin. Drei Jahre später ließ sie sich nach Gewaltvorfällen von ihrem Ehemann scheiden, erwirkte sogar ein Annäherungsverbot.
Maryam H.s neuer Partner wurde von den Brüdern bedroht
Der Familie soll die Trennung nicht gefallen haben. Die beiden Brüder hätten versucht, den Lebensstil ihrer Schwester zu kontrollieren, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Sie verboten ihr offenbar, allein vor die Tür zu gehen und achteten auf ihre Kleidung. Maryam H. habe einen neuen Partner gefunden, der von den Brüdern bedroht und vor dem Mord tätlich angegriffen wurde, heißt es.
Kurz nach der Ermordung von Maryam H. erstattete ihr Lebensgefährte Vermisstenanzeige bei der Polizei. „Es war schnell klar, dass der Frau etwas zugestoßen sein musste“, sagte Steltner. Videoaufzeichnungen von Bahnhöfen wurden ausgewertet, die Brüder schließlich auf Bildern einer Überwachungskamera am Südkreuz entdeckt. Anhand der Aufzeichnungen konnte auch ermittelt werden, dass Sayed und Seyed H. den Rollkoffer mit einem Taxi zum Zug gebracht hatten. Der Taxifahrer konnte wenig später gefunden und als Zeuge befragt werden.
Durch Zeugen und den Einsatz von Leichenspürhunden in Bayern konnten die Ermittler die Leiche von Maryam H. finden. Die Brüder wurden festgenommen, seit dem 4. August sitzen sie in Untersuchungshaft.


