Polen

Tusk-Partei wählt Warschauer Oberbürgermeister zum Präsidentschaftskandidaten – Sikorski verliert

Polens liberalkonservative Bürgerkoalition hat ihren Kandidaten für die Präsidentenwahl im Mai 2025 gewählt: Außenminister Sikorski verlor gegen Rafał Trzaskowski.

ARCHIV - 09.06.2024: Warschaus Oberbürgermeister Rafał Trzaskowski (l.) mit dem polnischen Regierungschef Donald Tusk.
ARCHIV - 09.06.2024: Warschaus Oberbürgermeister Rafał Trzaskowski (l.) mit dem polnischen Regierungschef Donald Tusk.Maciek Jazwiecki/Imago

In Polen hat die liberalkonservative Bürgerkoalition (PO) von Regierungschef Donald Tusk den Warschauer Oberbürgermeister Rafał Trzaskowski zum Kandidaten für die Präsidentschaftswahl im Mai 2025 gewählt. Dies gab Tusk am Samstag bekannt. Trzaskowski habe 74,75 Prozent der Stimmen erhalten. „Wir werden wieder zeigen, dass wir in der Lage sind, das ganze Land wachzurütteln“, sagte Trzaskowski und bedankte sich bei seinem Kontrahenten bei der Vorwahl zum Präsidentschaftskandidaten, den Außenminister Radosław Sikorski.

Mitglieder der Partei könnten am Freitag bis Mitternacht über eine verschlüsselte SMS ihre Stimme für Trzaskowski oder Sikorski abgeben. „Wie auch immer das Ergebnis ausfällt, die Bürgerkoalition wird bei dieser Wahl wie eine Faust zusammenhalten“, hatte Tusk auf der Plattform X geschrieben.

Wer ist Rafał Trzaskowski, Präsidentschaftskandidat der Bürgerkoalition?

Der 52-jährige Trzaskowski führte in mehreren Umfragen, die von polnischen Medien in Auftrag gegeben wurden. Auch eine interne Befragung der Bürgerkoalition bestätigte diesen Trend. Viele seiner Anhänger sehen in Trzaskowski quasi den natürlichen Präsidentschaftskandidaten ihrer Partei. Denn der Warschauer Oberbürgermeister fuhr bereits bei der Präsidentenwahl 2020 einen Achtungserfolg ein: Damals unterlag nur ganz knapp dem Amtsinhaber Andrzej Duda in der Stichwahl.

Trzaskowski, der sich für die Rechte der LGBT*-Gemeinschaft einsetzt und Kruzifixe in Warschauer Amtsstuben verbieten ließ, ist bei jüngeren und progressiven Polen beliebt. Skeptiker hingegen verweisen darauf, dass Trzaskowski keine internationale Erfahrung hat.

Wer ist Radosław Sikorski?

Angesichts der Tatsache, dass Polen mit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine zum Frontstaat geworden ist, hielten manche in der Partei den 61-jährigen Sikorski für den geeigneteren Kandidaten. Der überzeugte Transatlantiker ist international gut vernetzt. Er tritt vehement für die Unterstützung der Ukraine ein. Sikorski war bereits von 2007 bis 2014 Polens Chefdiplomat, davor Verteidigungsminister. Er ist verheiratet mit der Historikerin und Publizistin Anne Applebaum, die kürzlich in Frankfurt mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet wurde.

Der polnische Außenminister Radosław Sikorski mit seiner deutschen Amtskollegin Annalena Baerbock
Der polnische Außenminister Radosław Sikorski mit seiner deutschen Amtskollegin Annalena BaerbockWojciech Olkusnik/Imago

In den vergangenen Monaten gab es Berichte über zunehmenden Spannungen zwischen Sikorski und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Im September wurde weithin berichtet, dass es zu einem verbalen Streit zwischen den beiden kam. In der vergangenen Woche bekräftigte Sikorski jedoch Polens Unterstützung für die Ukraine in ihrem Krieg gegen Russland: Sollte der designierte US-Präsident Donald Trump die Unterstützung der USA für die Ukraine kürzen, würden die EU-Staaten einspringen, kündigte Sikorski an.

Auch die nationalkonservative PiS sucht nach Kandidaten

Der amtierende Präsident Andrzej Duda, der aus den Reihen der nationalkonservativen PiS stammt, darf nach zwei Amtszeiten bei der kommenden Wahl nicht noch einmal antreten. Auch die PiS sucht derzeit nach einem passenden Präsidentschaftskandidaten. Nach Angaben eines PiS-Sprechers soll bei einer Veranstaltung mit Parteichef Jarosław Kaczyński am Sonntagnachmittag eine Entscheidung über die Unterstützung eines unabhängigen Präsidentschaftskandidaten bekannt gegeben werden.

PiS-Chef Jarosław Kaczyński.
PiS-Chef Jarosław Kaczyński.Radek Pietruszka/dpa

Auf die Frage, ob eine endgültige Entscheidung getroffen worden sei, erklärte Kaczyński am Donnerstag: „Noch nicht“, wobei er bestätigte, dass vier verschiedene Kandidaten in Betracht gezogen werden.

Medienberichten zufolge könnte es sich dabei um den Historiker und Präsidenten des Instituts für Nationales Gedenken Karol Nawrocki, den Abgeordneten des Europäischen Parlaments Tobiasz Bocheński, den ehemaligen Bildungsminister Przemysław Czarnek und den ehemaligen Verteidigungsminister Mariusz Błaszczak handeln. (mit dpa)