Verbraucherschutz

Weniger Qualität und teurer? Verbraucherzentrale Berlin warnt vor Pflege-WGs

Die Kranken- und Alterspflege in Berlin ist kostspielig. Nun gibt die Verbraucherzentrale Tipps, wie Sie Kostenfallen vermeiden können. 

Viele Menschen fühlen sich mit den Pflegeangeboten in Berlin überfordert – und werden übervorteilt.
Viele Menschen fühlen sich mit den Pflegeangeboten in Berlin überfordert – und werden übervorteilt.Angelika Warmuth/dpa

Sobald Familienmitglieder auf Pflege angewiesen sind, muss es schnell gehen. Die Angehörigen müssen sich dann in einem komplexen Gesundheitssystem zurechtfinden und Lösungen finden. Ihre Unwissenheit wird in einigen Fällen ausgenutzt, warnt die Verbraucherzentrale Berlin

Betroffene sollten sich zuerst einmal informieren, welche Pflegeeinrichtung zu den Bedürfnissen und auch besonders den finanziellen Mitteln passt. In Berlin werden neben Pflegeheimen auch sogenannte Pflege-Wohngemeinschaften (WGs) als Möglichkeit angeboten. Sie unterliegen anderen Regelungen. „Früher gab es selbstorganisierte Pflege-WGs mit ideellem Anspruch, jetzt ist es vor allem ein kommerzielles Geschäftsmodell geworden“, warnte Pascal Bading, Jurist der Verbraucherzentrale. Die Pflege-WGs müssten weniger Qualitätsanforderungen erfüllen und könnten gleichzeitig mehr Geld abrechnen als die Pflegeheime.

Verbraucherzentrale Berlin: Nicht voreilig Pflegegrad hochstufen

Einigen Angehörigen werde geraten, den Pflegegrad hochzustufen – denn die Wohngemeinschaften können ab Pflegegrad 4 „deutlich höhere Kosten abrechnen“. Dabei würden sie allerdings oftmals verschweigen, dass der Eigenanteil gleichzeitig auf mehr als das Doppelte steige. Gleichzeitig würde sich der Pflegeaufwand nur leicht erhöhen.

Generell sind die Eigenanteile laut dem Verein in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Allerdings seien die Kosten in Pflegeheimen deutlich transparenter und in der Regel auch niedriger als in den Pflege-WGs. Die Kosten in den Pflege-WGs würden mit dem Pflegegrad steigen und mit verschiedenen Verträgen berechnet. Dadurch seien die Gesamtkosten weniger transparent, kritisierte der Verein.

Im Pflegeheimen werde dagegen ein Heimvertrag geschlossen: Darin seien die Kosten für die Pflege, Unterkunft, Verpflegung, Ausbildungsumlage und Investitionskosten enthalten. Der Pflegegrad 2 bis 5 habe keinen Einfluss auf den Eigenkostenanteil. Zusätzlich würden die Eigenanteile an den Pflege- und Ausbildungskosten im Pflegeheim mit der Aufenthaltsdauer sinken. Die Pflegekassen geben im ersten Jahr 15 Prozent und ab dem vierten Jahr 75 Prozent dazu – allerdings nicht in den Pflege-WGs.

Pflege-WG: Anfallender Leistungskomplex kann teuer werden

Pflege-Wohngemeinschaften könnten zudem den Leistungszuschlag der Pflegekassen nicht abrechnen und erheben den Leistungskomplex 19a. Den Leistungskomplex 19a gibt es bundesweit nur in Berlin. Im Gegensatz zu den üblichen Leistungskomplexen in der ambulanten Pflege werden nicht konkret definierte Pflegeleistungen abgerechnet, sondern eine Tagespauschale. Zurzeit beträgt diese laut der Verbraucherzentrale Berlin durchschnittlich 186,21 Euro pro Tag und deckt ausschließlich die Pflege ab. Mit der Hochstufung auf den Pflegegrad 4 zahlt die Pflegekasse zwar mehr für die Sachleistungen, allerdings können laut dem Verein die Eigenkosten auch um fast 2000 Euro steigen.

Angehörige sollten diese kommerziellen Interessen im Hinterkopf behalten, wenn sie sich um einen Pflegeplatz bemühen – und Gutachten erstellen lassen. Insbesondere dann, wenn den Angaben zufolge das Gutachten weniger als ein Jahr alt ist oder wenn der Einzug in die Pflege-WG gerade erst erfolgt ist.