Zum ersten Mal hat sich der Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar in einem ausführlichen Interview zur Rolle des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) in der Intrige gegen seine Person geäußert. Im Gespräch mit der Berliner Zeitung, das online erschienen ist, erhob Gelbhaar schwere Vorwürfe gegen den Sender und erklärte, dass er die Entschuldigung des RBB nicht akzeptiere.
Der RBB hatte am 31. Dezember 2024 in seiner Hauptnachrichtensendung, der „Abendschau“, einen Beitrag gesendet, in dem es um Vorwürfe gegen den Bundestagsabgeordneten ging. Mehrere Frauen, die in dem Bericht anonym zitiert wurden, warfen Gelbhaar vor, sie sexuell belästigt zu haben. Später stellte sich heraus, dass die schwersten Vorwürfe einer Person zugeschrieben worden waren, die nicht existiert. Der RBB gestand wenige Wochen später, „schwerwiegende journalistische Fehler“ in der Recherche gemacht zu haben, und nahm die Berichte aus dem Netz. Die RBB-Intendantin Ulrike Demmer entschuldigte sich öffentlich bei Gelbhaar.
RBB konfrontierte Gelbhaar nicht mit schweren Anschuldigungen
Gelbhaar sagte, der RBB sei schon länger, seit dem 14. Dezember, in die Affäre um seine Person verwickelt. An diesem Tag waren die Berliner Grünen zu einer Landesdelegiertenkonferenz zusammengekommen, um die Landesliste für die Bundestagswahl aufzustellen. Wenige Tage zuvor waren 18 Meldungen gegen Gelbhaar bei der Ombudsstelle der Grünen eingegangen. Am 14. Dezember zitierte der RBB in einem Beitrag die Sprecherin der Berliner Grünen Jugend, Leonie Wingerath, mit den Worten, sie wisse von „schweren Vorwürfen im Bereich sexualisierter Gewalt“ gegen Gelbhaar. Nach Erscheinen des Beitrags zog Wingerath das Zitat zurück. Im Interview sagte Stefan Gelbhaar, er sei vom RBB weder mit dem Vorwurf konfrontiert noch um eine Stellungnahme dazu gebeten worden. So, wie es journalistische Standards gebieten.
Vor der Ausstrahlung des „Abendschau“-Beitrags am 31. Dezember seien ihm dann die Vorwürfe zwar vorgelegt worden. Seine Erwiderungen und Hinweise, dass es sich um eine parteiinterne Intrige handeln könnte, seien aber nicht ernst genommen worden, sagte Gelbhaar der Berliner Zeitung: „Ich hatte das Gefühl, der RBB hat sein Stück im Kopf fertig und wollte quasi nur der guten Ordnung halber noch die Stellungnahme von mir haben. Ich verstehe auch nicht, warum das unbedingt am 31. Dezember veröffentlicht werden musste. Gab es da Druck?“
Die Entschuldigung des RBB nehme er vorerst nicht an, sagte Stefan Gelbhaar weiter. „Man kann sich erst entschuldigen, wenn man die Fehler aufgearbeitet hat“, erklärte der Grünen-Politiker.
Aufgrund der Vorwürfe hatte Gelbhaar auf eine Kandidatur um Platz zwei der Grünen-Landesliste am 14. Dezember verzichtet. Sein Kreisverband in Berlin-Pankow ließ auch die Wahl zum Direktkandidaten wiederholen, die Gelbhaar noch im November mit mehr als 98 Prozent der Stimmen gewonnen hatte. Mitte Januar gewann bei der erneuten Abstimmung die Landespolitikerin Julia Schneider gegen ihn.


