Brillengate

Häme in Norwegen: Linker Parteichef tritt wegen geklauter Sonnenbrille zurück

Ein kurioser Vorfall wühlt den norwegischen Politikbetrieb auf. Der Chef der sozialistischen Rødt-Partei wurde beim Diebstahl einer 100 Euro teuren Brille erwischt. Nun zieht er Konsequenzen.

Bjørnar Moxnes, langjähriger Chef der norwegischen Rødt-Partei, tritt zurück.
Bjørnar Moxnes, langjähriger Chef der norwegischen Rødt-Partei, tritt zurück.NTB/imago

Nach einem ungewöhnlichen Vorfall hat der Vorsitzende der linken norwegischen Partei Rødt, Bjørnar Moxnes, am Montag seinen Rücktritt angekündigt. Grund für das Ausscheiden des Politikers ist nicht etwa ein politischer Skandal, sondern ein persönlicher Ausrutscher: Mitte Juni dieses Jahres hatte Moxnes am Osloer Flughafen eine Sonnenbrille von Hugo Boss gestohlen.

Laut norwegischen Medienberichten war der Parteichef am 16. Juni von Sicherheitskräften dabei erwischt worden, wie er die Luxusbrille aus einem Duty-Free-Geschäft entwendete. Kurz darauf machten Videos einer Überwachungskamera im Netz die Runde, auf denen Moxnes deutlich bei dem mutmaßlichen Diebstahl zu erkennen war. In einer persönlichen Stellungnahme auf Facebook stellte der 41-Jährige nun klar: „Ja, ich habe die Sonnenbrille aus dem Laden (...) mitgenommen. Ich habe einen Fehler gemacht und dafür möchte ich mich entschuldigen.“

Parteichef lässt Brille mitgehen: Viel Häme in den sozialen Medien

Infolge der negativen Schlagzeilen und erster Rücktrittsforderungen aus seiner eigenen Partei erklärte Moxnes noch vor einigen Wochen, er habe lediglich vergessen, die umgerechnet etwa 100 Euro teure Brille zu bezahlen. Den plötzlichen Sinneswandel erklärte der Politiker nun unter anderem mit großer Sorge um seine Familie. Diese sei im Zuge der Affäre massiv angefeindet worden.

Gerade die Tatsache, dass ein sozialistischer Parteichef fremdes Eigentum kurzerhand in sein eigenes überführt haben soll, sorgte in den sozialen Medien für viel Häme. „Als Politiker will er von den Reichen nehmen und den Armen geben“, kommentierte ein Twitter-Nutzer den Vorfall. „Ich frage mich, ob er seine Sonnenbrille einem armen Schlucker geschenkt hat...“

Mit seinem Rücktritt will Moxnes nach eigenen Angaben auch weiteren Schaden für seine Partei abwenden. Der Norweger hatte 2012 den alleinigen Vorsitz der Rødt-Partei übernommen. Zuvor war er bereits lange in der Jugendorganisation Rød Ungdom (Rote Jugend) aktiv gewesen. Mit Moxnes an der Spitze entwickelte sich die einstige Kleinstpartei in den vergangenen Jahren zu einer ernstzunehmenden Kraft in Norwegen. Derzeit sitzen acht Abgeordnete für die Roten im norwegischen Parlament.

Laut einer Pressemitteilung vom Montag übernimmt die bisherige Vize-Vorsitzende Marie Sneve Martinussen bis 2024 die Parteiführung. „Ich bin über die Ereignisse wütend und enttäuscht, und ich habe Bjørnar eine sehr direkte Ansage gemacht“, erklärte Martinussen im öffentlich-rechtlichen Sender NRK. „Aber er hat die Konsequenzen gezogen (...) und Wiedergutmachung geleistet, sodass die Angelegenheit für mich jetzt abgeschlossen ist.“ Aktuell sorge man sich in der Partei weniger um gestohlene Brillen und mehr um den Klassenkampf und die kommenden Parlamentswahlen.